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Die Polynesier sind von Heller Hautfarbe, kaum dunkler
als Zigeuner oder dunkle Italiener, schlankem Wuchs,
kräftigem Körperbau, schwarzem schlichten Haar, dunklen
lebhaften Augen; nur die breite Nase unterscheidet die
Gesichtsbildung von der des Europäers; selbst der Mund
zeigt in den meisten Fällen die glatte kaukasische Form,
nur in seltenen Fällen findet man etwas dickere, niemals
aufgeworfene Lippen. In Bezug aus geistige Fähigkeiten
stehen die Polynesier auf einer außerordentlich hohen Stufe
und die Vorstellung, welche man gewöhnlich mit einem
„Wilden" verbindet und welche in den übrigen Theilen der
Südsee manchen lebenden Repräsentanten findet, paßt auf
die Polynesier durchaus nicht.
Gastfreundschaft ist ihre oberste und erste Tugend und
von ihr wird in ergiebigstem Maße Gebrauch gemacht.
Ganze Dörfer machen sich auf, um andere Dörfer zu be
suchen und dort gewöhnlich wochenlang Feste zu feiern.
Erst der Mangel an Lebensmitteln wird die Besucher daran
erinnern, daß eine weitere Ausdehnung ihres Aufenthaltes
unmöglich ist und wird sie — meiftentheils auf Umwegen
— wieder ihrem Heimatsdorfe zuführen. Die Nieder
lassung der Fremden, die Einführung von Handel und Ge
werbe und die damit in Verbindung stehende Entwickelung
des Privateigenthums wird in dieser Beziehung mehr und mehr
Wandel schaffen. In Tonga, wo sich unter der Leitung
eines englischen Missionärs ein Staatswesen nach europäischem
Muster mit Ministern und Parlament ausgebildet hat, sind die
Reisen im großen Style seit längerer Zeit verboten, in Tahiti
und Hawai sind sie selten geworden, in Samoa stehen sie so sehr
in Blüthe, daß die im Jahre 1887 eingesetzte Regierung des
Königs Tamasese im Interesse einer gedeihlicheren Entwickelung
des Landes dieselben gesetzlich zu verbieten suchte. Die gegen
dieses Verbot sich erhebende Opposition war mit eine der
Ursachen des im Jahre 1888 ausgebrochenen Ausstandes.