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II.
Neben der Ungewißheit über den Fortbestand der Landescredit
kasse hat unbestreitbar der zu niedrige Zinsfuß der Landescreditkasse-
Obliaationen während der letzten Jahre den ungünstigsten, lähmendsten
Einfluß gehabt. Eine Verzinsung von 4 Procent entspricht nicht mehr
den Verhältnissen des Geldmarktes; in der Zeit der Verkehrs- und Ge
werbefreiheit, der Eisenbahnen und Telegraphen läßt sich ein niedrigerer
Sonder-Zinsfuß auf die Dauer nicht halten. Die jederzeitiae Kündbar
keit der Landescreditkasse-Obligationen hat zwar für die Verwendung
zu vorübergehender Capital-Anlage besondere Bedeutung; allein diese
Verwendung kann nur einen Theil der in großer Summe conrsirenden
Obligationen in Anspruch nehmen, und für dauernde Capital-Anlage
hat oie jederzeitige Kündbarkeit, vollends die kurze sechsmonatliche
Kündigungsfrist, nicht den Werth, daß darin ein genügender Ersatz für
die niedrigen Zinsen gefunden werden könnte. So war nichts natür
licher, als daß in den letzteren Jahren die Einzahlungen zur Landes
creditkasse sich immer mehr verminderten und dagegen die Zurückziehung
der Capitalien aus derselben mittelst Kündigung der Landescreditkasse-
Obligationen immer größere Dimensionen annahm. Und so geschah cs,
daß die Landescreditkasse, genöthigt, die auf ihre ausstehenden Dar
lehnsforderungen zurückfließenden Capital-Abträge zur Einlösung ihrer
eigenen gekündigten Obligationen zu verwenden, bei dem Stocken der
neuen Einzahlungen außer Stande war, ihrerseits neue Darlehns-
bewilligunqen eintreten zu lassen. Die Nothwendigkeit der Zinserhöhung
war auch schon seit längerer Zeit anerkannt und öffentlich ausgesprochen,
und nur in dieser Erwartung haben wohl viele Besitzer von Landes
creditkasse-Obligationen bisher die Kündigung unterlassen. Diese Er
wartung geht nun dadurch in Erfüllung, daß die Landescreditkasse-
Obligationen künftig mit 4* 2 Procent verzinst werden sollen. Freilich
soll nach Anordnung des landständischen Ausschusses die Erhöhung des
Zinsfußes erst mit dem 1. September d. I. beginnen, was Manchem
nicht zusagen wird. Allein wer darum in der nächsten Zeit noch zur
Kündigung schreiten wollte, würde doch sein Geld erst nach 6 Monaten,
also kaum früher als am 1. September erhalten. Wer aber etwa seine
Landescreditkasse-Obligationen deshalb gegen andere Papiere verkaufen
wollte, würde erstlich beim Banqnier am Cours der erstern etwa
< 4 Procent verlieren, und dann die Kosten des Ankaufs anderer Pa
piere, die durchschnittlich nicht unter Procent ausmachen, tragen
müssen, also eine weit größere Einbuße erleiden, als er durch erhöhte
Zinsen bis zum 1. September d. I., für ein halbes Jahr oder etwas
länger, gewinnen könnte. Demnach ist die Annahme gerechtfertigt, daß
durch diese Zinserhöhung die Kündigung der Landcreditkasse-Obliaationen
sich sehr vermindern und dann die Kasse baldigst wieder freie Hand zu
neuen Ausleihungen gewinnen wird. Denn an sich ist ein völlig sicheres,
zu 4*/2 Procent verzinsliches Papier, das den Vortheil jederzeitiger
Kündbarkeit gewährt, gewiß auch unter den jetzigen Verhältnissen ein
sehr empfehlenswerther Besitz. Daß die Kündigungsfrist im Zusammen