Full text: Die Landescreditkasse zu Cassel auf Grund des Gesetzes vom 25. December 1869

5 
II. 
Neben der Ungewißheit über den Fortbestand der Landescredit 
kasse hat unbestreitbar der zu niedrige Zinsfuß der Landescreditkasse- 
Obliaationen während der letzten Jahre den ungünstigsten, lähmendsten 
Einfluß gehabt. Eine Verzinsung von 4 Procent entspricht nicht mehr 
den Verhältnissen des Geldmarktes; in der Zeit der Verkehrs- und Ge 
werbefreiheit, der Eisenbahnen und Telegraphen läßt sich ein niedrigerer 
Sonder-Zinsfuß auf die Dauer nicht halten. Die jederzeitiae Kündbar 
keit der Landescreditkasse-Obligationen hat zwar für die Verwendung 
zu vorübergehender Capital-Anlage besondere Bedeutung; allein diese 
Verwendung kann nur einen Theil der in großer Summe conrsirenden 
Obligationen in Anspruch nehmen, und für dauernde Capital-Anlage 
hat oie jederzeitige Kündbarkeit, vollends die kurze sechsmonatliche 
Kündigungsfrist, nicht den Werth, daß darin ein genügender Ersatz für 
die niedrigen Zinsen gefunden werden könnte. So war nichts natür 
licher, als daß in den letzteren Jahren die Einzahlungen zur Landes 
creditkasse sich immer mehr verminderten und dagegen die Zurückziehung 
der Capitalien aus derselben mittelst Kündigung der Landescreditkasse- 
Obligationen immer größere Dimensionen annahm. Und so geschah cs, 
daß die Landescreditkasse, genöthigt, die auf ihre ausstehenden Dar 
lehnsforderungen zurückfließenden Capital-Abträge zur Einlösung ihrer 
eigenen gekündigten Obligationen zu verwenden, bei dem Stocken der 
neuen Einzahlungen außer Stande war, ihrerseits neue Darlehns- 
bewilligunqen eintreten zu lassen. Die Nothwendigkeit der Zinserhöhung 
war auch schon seit längerer Zeit anerkannt und öffentlich ausgesprochen, 
und nur in dieser Erwartung haben wohl viele Besitzer von Landes 
creditkasse-Obligationen bisher die Kündigung unterlassen. Diese Er 
wartung geht nun dadurch in Erfüllung, daß die Landescreditkasse- 
Obligationen künftig mit 4* 2 Procent verzinst werden sollen. Freilich 
soll nach Anordnung des landständischen Ausschusses die Erhöhung des 
Zinsfußes erst mit dem 1. September d. I. beginnen, was Manchem 
nicht zusagen wird. Allein wer darum in der nächsten Zeit noch zur 
Kündigung schreiten wollte, würde doch sein Geld erst nach 6 Monaten, 
also kaum früher als am 1. September erhalten. Wer aber etwa seine 
Landescreditkasse-Obligationen deshalb gegen andere Papiere verkaufen 
wollte, würde erstlich beim Banqnier am Cours der erstern etwa 
< 4 Procent verlieren, und dann die Kosten des Ankaufs anderer Pa 
piere, die durchschnittlich nicht unter Procent ausmachen, tragen 
müssen, also eine weit größere Einbuße erleiden, als er durch erhöhte 
Zinsen bis zum 1. September d. I., für ein halbes Jahr oder etwas 
länger, gewinnen könnte. Demnach ist die Annahme gerechtfertigt, daß 
durch diese Zinserhöhung die Kündigung der Landcreditkasse-Obliaationen 
sich sehr vermindern und dann die Kasse baldigst wieder freie Hand zu 
neuen Ausleihungen gewinnen wird. Denn an sich ist ein völlig sicheres, 
zu 4*/2 Procent verzinsliches Papier, das den Vortheil jederzeitiger 
Kündbarkeit gewährt, gewiß auch unter den jetzigen Verhältnissen ein 
sehr empfehlenswerther Besitz. Daß die Kündigungsfrist im Zusammen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.