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sehen Fragen befaßte, wurde recht früh auf Apian aufmerksam, erteilte ihm Privilegien,
die dem Wirken des vielseitigen und gelehrten Mannes Ansehen und Glanz brachten.
Höhepunkt seines Schaffens aber ist ohne Zweifel das Astronomicum Caesareum von
1540. Es gelang ihm hier, abstrakte astronomische Tabellen, Rechnungen durch
anschauliche bewegliche Scheiben wenn nicht zu ersetzen, so doch mit Leben zu
erfüllen. Der Druck hat 60 Blätter, 41 farbige Holzschnitte, davon 21 Scheiben. Stolz
präsentiert Apian zu Beginn sein Wappen, auf der Versoseite des Titelblattes das
kaiserliche Privileg von 1532, auf Bl. 2 die Widmung an die beiden Gönner, Kaiser Karl
V. und seinen Bruder, König Ferdinand I. Der erklärende Text - übrigens noch im
gleichen Jahre auch in deutscher Sprache erschienen, ist in 40 Kapitel = Enunciata
eingeteilt, welche die verschiedensten astronomischen Daten enthalten: Beschreibun
gen von 48 Sternbildern, Längenunterschiede zwischen Ingolstadt und 170 weiteren
Städten mit Angabe der sich ergebenden Zeitdifferenzen von Planetenkonstellationen,
ferner die Bewegungen von Planeten, Möglichkeiten, Sonnen- und Mondfinsternisse zu
bestimmen u. v. m.
Die hier ausgestellten Blätter zeigen links den Beginn des ersten Enunciatum, daneben
die Scheiben des Blattes mit der Blattsignatur D III (das 3. Blatt der 4. Lage). Dieses
Kap. 1 behandelt u. a. kurz die christliche Zeitrechnung, bringt damals überall
anerkannte Jahresangaben angenommener wie historischer Daten, bezogen auf Christi
Geburt, etwa: von Adam bis zur Geburt Christi sind es 6984 Jahre (nach jüdischer
Rechnung 3952 Jahre), Zerstörung Trojas 1149 Jahre usw.
Die Tafel ist ein Modell mit drehbaren Papierscheiben zur Berechnung der Bewegungen
des Planeten Mars, zur geometrischen Darstellung nach der griechischen Epizykel-
Exzentertheorie. Eine detaillierte Beschreibung der Funktionen dieser Scheiben bringt
Gingerich (s. u.) in seiner Rezension des Leipziger Faksimiledruckes auf S. 172 ff.,
bezogen auf den Geburtstag Kaiser Karls V. (23.2.1500).
Karl honorierte Apians Anstrengungen und Huldigungen, indem er die Druckkosten
übernahm und ihm nachträglich noch 3000 Goldstücke schenkte. 1541 gar wurde Apian
in den erblichen Adelsstand erhoben. Welchen Ruhm das Astronomicum Caesareum
erlangte, wie praktikabel es war, wird auch durch die Tatsache evident, daß Landgraf
Wilhelm IV. ähnliches in Kupfer herstellen ließ, eben die Wilhelmsuhr von 1560/61.
Es lohnt sich, einen Blick auf das Ereignis zu werfen, das nur drei Jahre später das
gesamte Weltbild aus den Angeln hob: 1543 ließ Nikolaus Kopernikus auf der gleichen
Druckerpresse des Johann Petrejus in Nürnberg, aus der auch zahlreiche Werke Apians
hervorgingen, seine Schrift De revolutionibus orbium coelestium erscheinen, mit denen
er das alte ptolemäische, also geozentrische System revolutionierte. Dieses Werk war
ohne Einfluß auf Apian, er blieb weiter dem überkommenen, nicht von der exakten
Wissenschaft, sondern von den religiösen Vorstellungen geprägten alten Weltbild von
der Erde als Mittelpunkt des Weltalls verhaftet. Es wird allerdings auch behauptet, das