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eine ganz bestimmte allegorische Bedeutung zu. Es leuchtet ein, daß den Miniaturisten
Marmitta, der vor allem wegen seiner Kopien antiker Gemmen berühmt war, diese
Thematik eher zu bildlicher Darstellung anregte als die intimen, persönlichen Szenen
des Canzoniere.
Francesco Marmitta, der übrigens von David Deringer in der Encyclopedia of World
Art. Vol. X. (1965) 165 dem Parmeser, später neapolitanischen Hofmaler Giovanni
Marco Cinico gleichgesetzt wird, Marmitta also hat nachweislich noch zwei weitere
Kodizes prachtvoll ausgemalt. Das Titelbild der Trionfi, die 13 Miniaturen in diesem
Teil der Handschrift, die Initialen im Canzoniere, vor allem aber die zahlreichen in
Grisaille-Technik ausgeführten Gemmen, die an die Miniaturen angefügt sind, begei
stern uns durch ihre Komposition, zarte, doch deutliche Farbgebung, in der die klare
Luft antiker Mythologie greifbar wird und durch eine geradezu unglaubliche Fein
arbeit, die sich dem Ganzen zwar unterordnet, aber auch unter der Lupe die Hand
des großen Meisters offenbart.
Aufgeschlagen ist Bl. 149 v /l50 r : Amors Triumph. Das Bild illustriert den ersten Gesang.
Vier weiße Pferde ziehen den Wagen, auf dem hoch oben mit verbundenen Augen - der
Justitia gleich - Amor steht. Am Wagen, etwas im Hintergrund, eine nackte
Männergestalt, die der Gott eben mit seinem Pfeil getroffen hat. Die Pferde gehen über
einen am Boden liegenden Mann hinweg, über einen Menschen, der von Amor besiegt
wurde. Die Gestalten im Vordergrund gehören zum überwundenen Gefolge Amors,
voran Augustus und Livia in lässig-gespannter Pose. Dahinter die lange Reihe der in
Petrarcas Gedicht zitierten Opfer aus der antiken Götter- und Heldensage. Der
Ausblick auf die Landschaft Vaucluse bei Avignon gibt dem Bild Tiefe. Von besonderer
Kunst der zarte Renaissance-Rahmen mit eingelegten Gemmen, die, jede für sich, so
klein sie sind, lebhafte, dem Thema angemessen natürlich erotische Szenen in
vollkommener Ausführung enthalten. Im Sockel des Bildes das Lilienwappen des
Schreibers Giglio, gehalten von Putten.
Rechts, ebenfalls von einem reich verzierten Renaissance-Rahmen eingefaßt, der Beginn
der Trionfi:
Francesci Petrarcae Poete excellentissimi rerum vulgär mm Fragmenta incipiunt.
Nel tempo che rinova i mei suspiri
Per la dolce memoria di quel giorno . . .
(Zur Zeit, wann meine Seufzer wiederkommen
Durch jenes Tages süßes Gedächtnis . . .)