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Wolfram von Eschenbach: Willehalm
Fragment 48,2. • v.98,1-104,28
Signatur: 2° Ms. poet. et roman. 30[ 9
Über den Willehalm Wolframs von Eschenbach und dessen Fortsetzung, den Renne
wart Ulrichs von Türheim, vgl. Nr. 26. Das Fragment und das Blättchen darunter aus
dem Rennewart stammen aus ein und derselben Handschrift. Sie dienten als Aktenum
schläge bzw. Heftverstärkung, wie die Aufschriften auf dem oberen Blatt zeigen:
Manuall Register vbers Hauß Cassell vnnd auch vberr gebessertten haußrahtt Anno
Dominj 1599
Auf der Rückseite ein ähnlicher Eintrag:
Marpurgk Anno 1607
Einks am Rand ein Verseintrag aus der gleichen Zeit, offenbar ein Stoßseufzer des
Aktenschreibers:
Schwigk, liedt, vnnd meidt ("schweig, leid’ und meid’), Haltt glaubenn vnd gutt
gewißenn Reinn, Des wöll gott Schutz vnd helffer sein
Ein weiteres Fragment der gleichen Handschrift gelangte aus dem Nachlaß des
Marburger Theologieprofessors August Friedrich Christian Vilmar (1800-1868) auf
Umwegen an das Germanische Nationalmuseum Nürnberg, wo es unter der Signatur
Hs. 42566 aufbewahrt wird.
Unser Willehalm-Fragment stammt aus dem 2. Buch des Epos, das Willehalms Flucht
nach Oransche enthält, des Sarazenen Terramer Belagerung der Stadt und Gyburgs Rat,
Willehalm möge von seinem Schwager, König Ludwig, Hilfe erbitten. Links in der
Mitte v. 99, 1:
Oransche wart vmbe legen (belagert)
als ob ein wochen langer regen
niht wan riter güzze nider (nichts als Ritter regnete)
Ein großartiges, plastisches Bild, und welche Kraft der Sprache!