Full text: Auf falschen Pfaden

Der Gram über das zerstörte Lebensglück verzehrte 
schnell die Kräfte der tiefgebeugten Matter. Die 
Herzenswunde, die ihr geschlagen worden, war 
schwer und groß; sie blutete, bis mit dem letzten 
Tropfen der letzte Lebenshauch entwich. — 
Und diejenige, die er „Tochter" einst genannt, 
sie war seit jenem Abende verschollen. Keine 
Spur war weder von ihr, noch von ihrem Ver 
führer aufzufinden gewesen. Letzterer hatte sich, 
wie gleich nach seinem Verschwinden festgestellt 
worden war, bcbciitenbcr Unterschlagungen schuldig 
gemacht. Er war wohl steckbrieflich verfolgt wvr> 
den, jedoch vergebens. — 
Sv war denn alles öde und traurig in ihm 
und um ihn. Die wenigen Jahre hatten aus dem 
einst so kräftigen, lebensfrischen Mann einen hage 
ren, gebrochenen, altersschwachen Greis gemacht, 
dem die Welt nichts mehr bieten konnte, der nur 
sich und seinen Erinnerungen an ein unwieder 
bringlich verlorenes Erdenglück lebte. — 
In Gedanken versunken saß er auch au diesem 
Abende da. Plötzlich drang ein leises Pochen an 
sein Ohr. Die Thüre ward geräuschlos von außen 
geöffnet, und ans der Schwelle stand eine ärmlich 
gekleidete Franengestalt. Schüchternen Schrittes 
trat sie näher, blieb aber in der Mitte des Zim 
mers gesenkten Hauptes stehen, einer leblosen Bild 
säule gleich. Verwundert, fragend blickte er auf 
die seltsame Erscheinung. Da schien diese mit 
einem Male Leben zu gewinnen; denn che er es
	        
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