— 31 —
weilte noch im Hause. Noch ein einziges Mal
wollte sie Werner's, dessen Bild in unauslöschlichen
Zügen ihrem Geiste vorschwebte, in Liebe gedenken.
Heut noch durfte sie es; morgen aber war es ihr
als angetrautes Weib eines Anderen nicht mehr
gestattet. Mit dieser süßen Erinnerung wollte
sie zugleich ihr erstes Liebesglück für immer be
graben. —
Wiederum hatte Sara ihr Kämmerlein anf-
gesncht, in dem sie so oft schon zuvor in stummer
Sehnsucht geweilt. Der Mond warf wie ehemals
sein volles Licht durch das geöffnete Fenster. Der
nahe See aber leuchtete gar unheimlich; seltsame
Lichtgestalten schienen über ihn hinznschwebcn. Ein
banges Gefühl beschlich Sarahs Herz. Ihr Athem
war schwer, das Herz pochte ungestüm. Eine un
erträgliche Beklommenheit hatte sich ihrer be
mächtigt. Ihre Augen starrten wie wild in' die
Ferne. —
Da ward plötzlich in der Fensteröffnung eine
Männergestalt sichtbar, die, der Dasitzenden ein
Bündel entgegenwerfend, mit zornbebender Stimme
ausrief:
„Hier, falsche Jndendirne, nimm das zurück,
um dessentwillen ich meinen angestaimnten Glauben
verleugnete!" —
Kaum hatte Sara die Stimme des Sprechen
den, der kein anderer war, als Werner, erkannt,
als sie mit einem gellenden Aufschrei zur Erde
stürzte. In diesem Augenblicke war Werner hinter-