sich wohl abwickeln, die bei dem hartköpfigen Dorfschulzen voraussichtlich
auf Widerstand stoßen werde? Wie ging es Anna, war sie ihm treu ge
blieben oder hatte sie vielleicht neuen Werbungen des Pastors und dem
harten Zwang des Vaters nachgegeben? Er seufzte tief auf — und Justus
verstand ihn, freundlich sagte er: „Nun halten Sie mal hübsch den Kopf
oben, lieber Freund; noch immer, wenn ich mit Lust und Äberlegung an
eine Sache herangetreten bin, habe ich sie zum guten Ende geführt, also
warum nicht hier?!"
Zn Berlin hatten sie einen zweistündigen Aufenthalt, ehe sie die Reise
nach Osten fortsetzen konnten. Justus benutzte diese Zeit zu einer kurzen
Besprechung mit dem Vorsitzenden der geographischen Gesellschaft, der,
hocherfreut, den berühmten Weltreisenden so unverhofft begrüßen zu dürfen,
diesen gleich dabehalten wollte, sich aber zufrieden geben mußte, einen mehr
tägigen Besuch erst übermorgen erwarten zu können. Eisenbarth streifte in
den Straßen herum, ohne etwas zu sehen, er war froh, als die Reise
nach eingenommenem Frühstück endlich weiterging. Seine Geduld wurde
jedoch noch einer tüchtigen Belastungsprobe unterworfen, denn es war in
des Wortes verwegenster Bedeutung ein Bummelzug, der die Reisenden
nach Bärwalde führte. And nun noch eine lange Wagenfahrt nach Karlstein;
wie Justus richtig vorausgesehen, langte man am Nachmittag daselbst an.
Als sie in die Dorfstraße einfuhren, machte Eisenbarth auf ein großes
Gehöft aufmerksam, dessen Besitzer der Schulze Lenz sei. Zn dem einzigen
Wirtshaus erhielten sie das einzige Fremdenzimmer, Zes Jürgen wurde
in einer kleinen Kammer bei den Knechten einquartiert.
Äber dem ganzen Dorfe ruhte es wie Feiertagsstille, die der Wirt
damit erklärte, daß alles, was Arme und Beine hätte, draußen auf den
Feldern bei der Ernte beschäftigt wäre. Nachdem man sich erfrischt hatte,
ging es ans Amkleiden. Die Herren erschienen in schwarzen Gesellschafts
anzügen, Zes Jürgen im grauen Sakkoanzug mit der Mütze, die er an
Bord der Jacht zu tragen pflegte, sie trug in Goldbuchstaben die Inschrift
„Hammonia".
Justus lachte hell auf, als die drei in Gala beieinanderstanden, er
rief: „Na, wenn wir damit den hochmütigen Herrn Lenz nicht klein kriegen,
da müßte er keine Spur von Eitelkeit besitzen! Ich gehe jetzt mit Zes voran;
nachdem ich, wie ich hoffe, den Sieg errungen, wird er Sie holen; halten
Sie sich bereit, den Verlobungskuß zu empfangen und dem Herrn Schwieger
papa die Land zu drücken."
„Ach, lieber Herr Doktor," seufzte Eisenbarth gedrückt, „unterschätzen
Sie den Schulzen nicht, er ist zwar ein schrecklich zornmütiger Mann,
aber auch ein kluger, unterrichteter, der sich so leicht nicht imponieren läßt."
Justus ging, es folgte ihm in zwei Schritten Abstand sein Diener,
der arme Chrisostomus Eisenbarth blieb in einem Zustand zurück, der zwischen
froher Hoffnung und tiefster Verzweiflung schwankte.
Als Justus, immer den Diener hinter sich, den Hof des Schulzen
betrat, kam aus der Tür des Wohnhauses ein langer schwarzgekleideter
Herr heraus, dessen abgeschabter Rock, die weiße Halsbinde und das glühende
Auge des Fanatikers Justus erkennen ließen, einen Landgeistlichen, vermutlich
den Nebenbuhler Eisenbarth's, vor sich zu haben. Mit einer höflichen Ver-
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