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Lerrn einen Besuch schuldig, dann aber lag ihm auch daran, über einige
seinen Plan betreffende wichtige Vorbedingungen von zuständiger Seite
Aufklärung zu erhalten. Diese waren nach Wnnsch ausgefallen, denn frohen
Sinnes begab er sich am Abend zu Schröders, um ihnen das jetzt in großen
Zügen fertige Bild seines Vorhabens zu entwickeln.
Frau Dr. Schröder empfing ihren Gast mit herzlichem Ländedruck,
sie nahmen im behaglichen Wohnzimmer am runden Familientisch Platz.
Älber dem Sofa hing ein prachtvolles Ölgemälde von Kallmorgen, ein
Bild des Hamburger Lafens, das Justus bisher noch nicht gesehen hatte,
ferner bemerkte er auf einem niedrigen Schrank eine ihm ebenfalls neue
entzückende Bronzegruppe, spielende Kinder darstellend. „Weihnachtsge
schenke," sagte die Lausfrau, seinen bewundernden Blicken folgend, „die
mein Mann und ich uns gegenseitig gemacht haben, er überraschte mich
mit der Bronze, ich schenkte ihm das Gemälde."
„Diese Kunstwerke beweisen einmal wieder Ihren geläuterten Geschmack",
entgegnete Justus. Es freute ihn stets, wenn er das „Schmücke dein Leim!"
im edlen Sinne aufgefaßt sah. Oft genug hatte er mißbilligend den Kopf
geschüttelt über die bunten Kinkerlitzchen, mit denen manche seiner Bekannten
ihre Zimmer zu überladen liebten.
Frau Schröder errötete, die Anerkennung ihres berühmten Gastes be
glückte sie, ablenkend sagte sie dann: „Sie müssen schon ein halbes Stünd
chen mit mir vorlieb nehmen, lieber Lerr Erich, denn Georg sitzt noch
mit unsern beiden Jungen in seinem Arbeitszimmer, er beaufsichtigt ihre
Schulaufgaben." Sie reichte ihm impulsiv beide Lände. „Mein Mann hat
mir alles erzählt! Armer lieber Freund, was haben Sie Schreckliches,
Unerhörtes durchgemacht! Ich bin ja durch Ihre Güte in den Okkultismus
genügend eingeweiht, um all diesen gewaltigen Geschehnissen ein kleines
Verständnis entgegenzubringen. Ich bewundere Ihren Mut!"
In Justus' Gesicht zuckte es schmerzlich, er drückte ihre Lände und
sagte: „Ich danke Ihnen für Ihre Teilnahme." Nach einer Pause setzte
er hinzu: „Nun erzählen Sie mir von Ihren Kindern, seit Jahr und Tag
habe ich die Jungen nicht gesehen, sie müssen tüchtig fortgeschritten sein."
Welcher Mutter würde dieses Thema keine Freude machen? Frau
Schröders Augen leuchteten, als sie antwortete: „Sie entwickeln sich! Erwin
ist bald zwölf Jahre alt, er wird seinem Papa immer ähnlicher, ich staune
oft dieses frühe Insichgefestigtsein an. Lans, der zehnjährige, ist naturgemäß
noch kindlicher, doch auch er zeigt bereits die Eigenart des Werdenden,
für alles, was Naturwissenschaft heißt, hat er höchstes Interesse und staunens
wertes Verständnis." And nun erzählte die glückliche Mutter so manchen
Zug, der von feinster Beobachtungsgabe zeugte und Justus erkennen ließ,
wie in diesem Lause edle, hochgebildete Eltern in ihren Kindern sich voll
endeten.
Von draußen ertönte Jubeln und Lachen und herein stürmten Vater
und Söhne, die letzteren hatten eben erfahren, daß Onkel Justus im Wohn
zimmer sei. Es waren prächtige gerade Jungen, die ihn freimütig und fast
zärtlich begrüßten, deren Augen vor Stolz strahlten, ein Anrecht an den
Mann zu haben, der so weite Reisen machte und so schöne Bücher schrieb,
aus denen die Eltern ihnen viel des Interessanten vorgelesen hatten. Georg