Full text: Tlavatli

diesen günstigen Südwestwind behalten, sonst mag es noch erheblich länger 
dauern." 
„Je, Lerr Doktor," antwortete der, „viel ist nicht da, zwölf belegte 
Butterbrötchen hier in der Serviette und die Flasche Rotwein, das sollte 
unser Frühstück sein." 
„And ich habe nach der harten Arbeit ganz verteufelten Lunger," 
knurrte Eisenbarth, „heute, außer dem Kaffee, noch nichts im Magen." 
„Ein Brötchen und einen Schluck Wein mag jeder nehmen," entschied 
Justus, „das übrige, Ies, stellen Sie in die Plicht."* 
Das karge Frühstück war bald verzehrt, Ies Jürgen stieg seufzend 
nach vorn, um den Korb wegzuftauen, da hörten ihn die andern ein über 
raschtes „Gutts Dünner!" ausrufen. 
„Was gibt's denn?" fragte Justus, der schon mit Eisenbarths Lilfe 
daran ging, das Segel aufzuziehen. 
„Ne so was! Das ist ja die reine Anmöglichkeit! Lerr Doktor, Lerr 
Eisenbarth, nu kucken Sie bloß mal her, die Plicht ist proppenvoll von 
Lebensmitteln. Das sind doch wenigstens noch anständige Meuterer!" 
In der Tat! Da war Proviant für Wochen vorhanden: drei große 
Blechdosen mit Schiffszwieback, dutzende von Konservenbüchsen mit Rauch 
fleisch, Sardinen und Lachs, zwei mächtige frischgebackene Brote, ein Tönn 
chen Butter und zwei große korbumflochtene Flaschen Wasser, außerdem 
noch acht Flaschen Rotwein. Ganz vorne lag ein Kästchen mit einem 
Kompaß. 
Freudig rief Justus: „Ies, Sie haben Recht, das sind anständige 
Meuterer! Amkommen lassen wollen sie uns nicht! Wir aber wollen vor 
allen Dingen das von Ihnen mitgebrachte Frühstück restlos verzehren." 
Die Stimmung war umgeschlagen, vergnügt kauend fragte Eisenbarth: 
„Laben Sie etwas dagegen, wenn wir die vier losgearbeiteten Goldplatten 
mitnehmen?" 
„Nein, gewiß nicht! Ies, holen Sie die an Bord und schließen Sie 
dann den Deckel, Sie können den Schlüssel stecken lassen, wir kommen 
nicht wieder her." 
„Lieber Herr Doktor, begreifen Sie den Zusammenhang? Am das 
Gold zu stehlen, müßten die Leute doch hier sein, die sind jedoch mit Voll 
dampf ins Meer hinausgefahren." 
„Werden schon wieder kommen, Lerr Eisenbarth, sobald sie annehmen, 
daß wir abgesegelt und weit genug entfernt sind." 
„And wenn wir nun hierblieben?" fragte der mit der ersten Gold 
platte an Bord steigende Ies Jürgen. „Zu leben haben wir und schlafen 
können wir unten im Tempel." 
„Die Verantwortung nehme ich nicht auf mich," entgegnete Justus. 
„Die Meuterer haben uns zwar mit den Mitteln zum Fortkommen ver 
sehen, ihre Rücksichtnahme wird indessen kaum so weit reichen, uns am 
Leben zu lassen, wenn sie uns hier noch vorfinden. Das Verbrechen, dessen 
sie sich schuldig machten, ein Schiff zu stehlen und den Schiffseigentümer 
und zwei Leute auszusetzen, wird so schwer bestraft, daß sie sich keineswegs 
der Gefahr, angezeigt zu werden, aussetzen mögen, selbst wenn ich ihnen 
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Plicht ist ein im Vorderteil der Boote angebrachter Schrank.
	        
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