Schon nach einigen Sekunden stieg auch auf der Lammonia eine
bunte Flagge nach oben. „Sie bedeutet", sagte Justus, „alles wohl!"
Der große Dampfer zog seine Signalflaggen ein, drehte ab und fuhr
in schneller Fahrt nach Westen weiter.
„Das ist schön!" jubelte Tlavatli, „euch auf offenem Meer gegen
seitig zu helfen, gewiß ist das ein Schiff aus Deinem Lande."
„Nein, es ist aus einem andern, in dem auch eine andere Sprache
gesprochen wird, es ist ein holländisches Schiff."
„Aber die Zeichen mit den farbigen Tüchern versteht ihr doch?"
„Ja, diese sind bei allen seefahrenden Völkern die gleichen, jeder über
setzt sie sich in seine Sprache."
Tlavatli blickte sinnend vor sich nieder, dann sagte sie: „Ich finde es
ja hübsch, daß ihr euch auf Entfernungen, die die menschliche Stimme
nicht mehr erreicht, mit diesen Zeichen unterhaltet, und doch ist es eigent
lich nur ein Notbehelf, wenn es auch lustig anzusehen ist. Llnter uns
Nmoahalern gibt es, oder gab es manche Menschen, die viel, viel weiter
noch, selbst über Meere und Berge hinweg, mit andern in Verbindung
treten, ihre Gedanken austauschen konnten, indem sie diese einfach mittels
ihres Willens übertrugen und die Antwort in ihrem Geiste empfingen. Es
war ein Gedankenlesen, das ich ja auch kann, aber auf weite, sehr weite
Entfernungen hin. In alten Zeiten der Atlantis soll diese Befähigung
allgemein gewesen sein, zu meiner Zeit war sie seltener geworden, indessen
immerhin noch im Gebrauch. Mein lieber Vater war Meister in der
Gedankenfernwirkung und auch Atzlan verwendete sie oft, doch dieser wenig
zum Guten."
Justus hatte aufmerksam gelauscht, dann sagte er: „Auch heute leben
Menschen, wenn freilich vereinzelt, die diese Gabe besitzen, so mein Freund
Sankha, der indische Weise, doch ist sie der Allgemeinheit so wenig be
kannt, daß sie geleugnet wird, daß diejenigen, die Kenntnis von ihr haben
und für ihre Tatsächlichkeit eintreten, kurzerhand als Narren verspottet
werden. Indessen wirst Du das verstehen, wenn Du die Grundverschiedenheit
Eurer und meiner Rasse berücksichtigst. Das was ihr, mit eurer spirituellen
Veranlagung, gewissermaßen instinktiv, vollbrachtet, müssen wir uns erst
mühsam mit Anspannung unserer Intelligenz erwerben. Dann aber ist es
auch als vollbewußtes Wissen unser wohlerworbenes Eigentum geworden,
mit dem wir nach eigenem Ermessen schalten und walten können. Anter
dem Vielen will ich nur das, was uns augenblicklich beschäftigt, nämlich
die Fernwirkung, herausgreifen. Auf kurze Strecken genügen, wie Du ge
sehen hast, die dem Auge wahrnehmbaren Zeichen, doch können auch wir
uns weit über Länder und Meere hinweg mit unsern Mitmenschen unter
halten. Wir entdeckten eine Naturkraft, die wir Elektrizität nennen, es ist
die gleiche Kraft, mit der wir hier unser Schiff beleuchten, diese senden
wir mit Blitzesschnelle über dünne Metalldrähte, die die ganze Erde um
spannen, geben überall hin Nachrichten und empfangen solche. Neuerdings
sind wir sogar noch weiter gekommen, nähern uns der direkten Gedanken
übertragung mehr und mehr, indem wir ohne Leitung, frei in den Äther
hinein, unsere Kraftwellen senden und auf demselben Wege Antwort er
halten. Trotz dieser gewiß bedeutenden Errungenschaften, halte ich das Er-
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