Full text: Kinder- und Hausmärchen (3)

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stellt bekanntlich auch ein schönes Volkslied von Ulrich und Ännchen 
dar (Wunderhorn 1, 274. Herders Volkslieder 1, 79 und Grä- 
trrs Jdunna 1812), wo aber auch des blauen Barts nicht Erwäh 
nung geschieht. Gleichwohl ist Blaubart der Volksname eines Stark 
bärtigen, wie in Hamburg (Schütze holst. Idiot. 1, 112), und hier in 
Cassel ist deshalb ein verwachsener, halbtoller Handwerksbursch 
unter dem Namen bekannt genug. Es heißt also (gleich dem nordi 
schen Blütand, Schwarzzahn) ein Schwarzbärtiger und bezieht sich 
ursprünglich wohl auf eine Krankheit, wie die Miselsucht, welche 
durch das Baden im Blut der reinen Jungfrauen sollte geheilt wer 
den; daher die sonst unbegreifliche Grausamkeit; s. Armer Hein 
rich S. 173. 
Wir fügen noch eine holländische, hierher gehörige Sage nach 
mündlicher Überlieferung hinzu. Ein Schuhmacher hatte drei 
Töchter. Zu einer Zeit, wo er ausgegangen war, kam ein Herr in 
einem prächtigen Wagen und nahm eine von den Jungfrauen mit 
sich. die nicht wieder kam. Darauf holte er auf eben die Weise die 
zweite, endlich auch die dritte, die gleichfalls mitgieng und ihr Glück 
zu machen glaubte. Unterwegs, als der Abend einbrach, fragte er sie 
"der Mond scheint so bell, 
meine Pferdchen laufen so schnell, 
süß Lieb, reut dichs auch nicht?' 
('t maantje schynt zo hel, 
myn paardtjes lope zo snel, 
soete lielje, rouwt 't w niet?)*). 
"Nein,' antwortete sie, "warum sollte michs reuen, ich bin immer bei 
euch wolbewahrt'; doch hatte sie eine innerliche Angst. Sie kamen 
in einen großen Wald, da fragte sie ob sie nun bald angelangt wären, 
"ja', antwortete er, "siehst du das Licht in der Ferne, da liegt mein 
Schloß'. Null langten sie an, und es war alles gar schön. Am 
andern Tag sprach er zu ihr "ich muß fort, aber ich will nur ein 
paar Tage ausbleiben, da hast du die Schlüssel zum ganzen Schloß, 
*) Erinnert an das bekannte Todtenreiterlied. das im norweq. Volksreim 
lerntet, maanen skjine, dömand grine, värte du ikkje räd ? (Jdunna 1812 
S. 60) ^ergl. altdeutsche Blätter 1,194.
	        
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