Full text: Kinder- und Hausmärchen (3)

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sagen nein, die jüngste sagt "ja, ich will mit dem Raben gehen, 
wenn mich meine Kamerfrau begleiten darf'. Der Rabe willigt ein, 
nimmt die Königstochter unter den einen Flügel, die Kamerfrau 
unter den andern und bringt sie in ein prächtiges Schloß. In der 
Schlafkamer der Königstochter hangt ein Spiegel, darin kann <u 
alles sehen was in ihrem heimatlichen Schloß geschieht, nur darf sie 
nicht die Kamerfrau hineinblicken lassen. Die Königstochter tragt 
darum allzeit den Schlüssel bei sich, einmal aber läßt sie ihn stecke», 
die Kamerfrau geht hinein und schaut in den Spiegel. Der Rabe 
zerreißt sie dafür und sagt zur Königstochter "nun mußt tu fort, 
mußt sieben Jahre dienen und für sieben Mägde Arbeit thun'. Und 
dann erzählt er ihr noch es würde eine alte Frau ihr begegnen, mit 
der müffe sie die Kleider tauschen und dann würde sie an ein Hau 
kommen, und eine Frau werde herausschauen und sie schelten, aber 
sie solle nicht darauf achten. Hierauf zog er sich eine Fedcr aus, 
gab sie ihr und sprach "wenn dir eine Arbeit zu sauer wird, so 
nimm sie hervor und sprich auf des Naben Geheiß soll es geschehen! 
und die Arbeit wird gethan sein'. Aber sie muß ihm auch Treue ge 
loben. Nun geht sie fort, vertauscht ihre schönen Kleider mit den 
schlechten des alten Weibes und kommt vor das Haus, wo die böse, 
Frau herausschaut. Die Königstochter bietet ihr Dienste an, jene j 
antwortet "ich habe sieben Mägde gehabt, wie willst du mit deinen 
zarten Händen die Arbeit thun?' "O doch, ich will es ver 
suchen.' Zuerst soll sie einen Stall rein machen, aber bald hat fit 
Blasen in den Händen, da nimmt sie die Feder und spricht "auf des 
Raben Geheiß soll der Stall so rein sein wie er es nie gewesen.' 
Alsbald ist die Arbeit geschehen. So hat sie sieben Jahre da ge- ! 
dient, und was ihr zu schwer ward, mit Hilfe der Rabenfeder voll- , 
bracht. Diener und Knechte im Haus die wegen ihrer grüßen 
Schönheit sich zu ihr drängten und sie plagten, bat sie geneckt. Ein 
mal spricht der Kutscher "darf ich heut Nacht *u dir kommen?' "Ja', 
antwortet sie; als sie ihn aber kommen hört, holt sie die Feder und \ 
spricht "auf des Raben Geheiß soll er auf den Hof gehen und eine 
Stunde lang sich aus und anziehen und dann kommen und für | 
das Vergnügen danken'. Wie sie alle nach der Reihe zu Narren ge- I 
halten hat, thun sie sich zusammen und wollen sie mit Ruthen i 
schlagen, aber sie nimmt die Feder und spricht "auf des Raben Ge 
heiß sollen sie sich ausziehen und einander bis aufs Blut hauen und M
	        
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