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Wasser vorschütten'. Aber sie gießt und kann nicht aufhören, der
Eimer wird nicht leer, und fie muß den langen Tag ewig Wasser
gießen bis Sonnenuntergang, so daß die ganze Gegend über
schwemmt wird und die Nachbarn spöttisch den Schaden vergütet
haben wollen. In der Frau Naubert Volksmärchen 1, 201—209
wird diese chinesische Erzählung schön ausgeführt und dem segens
reichen Leinwandmessen ein unseliger SvinnenwebwachSthum entgegen
gestellt. Ähnliches kommt in einem Märchen vor, das wir in Hessen
gehört haben. Ein wandernder Handwerksbursch wird von einer
reichen Frau , die er um eine Gabe anspricht, abgewiesen und aus
Spott zu einer armen Nachbarin geschickt. Diese nimmt ihn auf
und wird bei der Abreise von ihm damit begabt daß ihr erstes Be
ginnen gedeihen solle, so lange sie nicht darin gestört werde. Die
Arme mißt Leinwand und mißt immer zu, bis endlich die reiche
Nachbarin zur Stube hineinschaut und die Menge Leinwand erblickt;
da hört der Segen auf. Sie erfährt die Ursache und „bittet ihr den
Handwerksgesellen zuzuweisen, wenn er wiederkehre. Über ein Jahr
kommt der Wanderer wieder in das Dorf und kehrt bei der Armen ein,
die ihn zwar gern aufnehmen will, aber ihm sagt daß ihre reiche
Nachbarin ihn beherbergen wolle, bei der er auch sich besser befinden
werte. Er gebt hin und wird übersorgfältig behandelt. Die Frau
sucht das feinste Leinen aus, um es gleich zur Hand ztl haben. Sie
wird bei der Abreise von dem Wanderer ebenso wie die Arme begabt.
Voll Begierde und um ungestört messen zu können, schließt sie die
Hausthüre ab, und begibt sich zuvor eilig auf den Abtritt. Hier aber
muß sie sitzen bleiben und kann nicht aufhören, der Koth häuft sich
auf, sie weiß sich nicht zu retten und schreit in der Noth so laut um
Hilfe, daß es endlich die arme Nachbarin hört, zum Fenster ein
steigt und zu ihr kommt. worauf ein Stillstand eintritt. Hier ist
auch eine äsopische Fabel (im zweiten Anhang zu Phätrus Nr. 111),
Mercurius et mulieres, zu erwähnen. ^
Die Sage überhaupt gehört in den Kreis jener von dem Wan
dern und Reisen der Götter und Heiligen auf Erden. Wo sie gehen,
entspringt den Guten und Reinen Heil, den Bösen, Geizigen, Häß
lichen Verderben: das Glück das jenen zu Theil geworden, erbitten
sich diese plump zu ihrem Unglück; damit prüfen die Götter zugleich
das Menschengeschlecht (vergl. altd. Wälder 2, 23 Anm. 60. Odyssee
17, 488 und das eddische Lied von Rigr). So gehört auch das