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„Mein Kind!" rief er plötzlich und nahm sie weinend in seine
Arme.
Dann erzählte er ihr alles. Zum Schluß schickte er sie ans die
Postz um ein Telegramm für die Freifrau Theodora von Room ab
zugeben.
Auf dem Rückwege traf Bona Knittel den Briefträger, der ihr ein
Schreiben des Stadttheaters für Ernst gab. Sie glaubte, es enthalte
die Annahme des Festspiels.
Aber wie erschrak sie, als sie ihm den Brief bringen wollte und
er auf ihr Klopsen nicht „Herein" rief, sie nun glaubte, er sei nicht in
seinem Zimmer und ihn doch darin antraf: eine Photographie und
viele Briefe lagen auf dem Tisch und er saß mit verweinten Angen
starr davor.
„Ein Brief vom Stadttheater, Ernst," sagte sie sanft.
Er hatte sich bereits abgewandt. „Doch wieder Absage," antwortete
er rauh, „öffne meinetwegen das Schreiben und wirfs gleich ins Feuer.
Der Teufel hole die ganze verfluchte, erbärmliche, scheinheilige und
scheinglänzende Welt und uns selber mit!"
Bona öffnete zagen Herzens den Brief: er enthielt die Mitteilung,
daß das Festspiel noch für den laufenden Spielplan angenommen sei.
Da ward es der Guten ganz warm ums Herz, als sei ihr selbst
ein Glück wiederfahren, aber sie brachte kein Wort über die schönen
Lippen.
„Verbrenn den Wisch!" brummte er.
Da ging sie langsam zu ihm und hielt ihm das offene Schreiben hin.
Er las, atmete tief ans und reckte die Arme. Plötzlich jedoch
sprach er leise: „Aber warum hast Du denn die Augen voll Tränen,
Bona?"
Da sah sie ihn weinend und lächelnd an, bis er sie in seine Arme
schloß. -
Druckfehler: Auf Seite 14 muß es statt „gekündigt" heißen: „erklärt,
sie werde mir wohl kündigen müssen."