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Füße» abgezogen und sprang barhaupt und barfuß voraus durchs tau
feuchte Gras in einem Hohlwege von Absatz zu Absatz bergab, warfunten
Kragen, Rock, Weste Hose und Hemd ab und tanzte mit tolligen Be
wegungen mit seinem braunen Körper am Flußufer und zuletzt in die
Drusel, sprang wieder heraus, schüttelte sich wie ein Pudel, strich die
muskulösen Glieder trocken, streute den Fischen Gras, ging auf allen
Vieren, aß junge Brennesselblätter, juchzte, schlug Räder und warf
sich ins Gras. Dann richttete er sich zur Hälfte wieder auf Und deutete
aufs ferne rauchumflorte Morthauseu, wo die Fabriken soeben ihre
Arbeiter hohlstöhnend zusammenriefen. — „Morthauseu", begann er
wie ein Prophet, „wohl trägst du deinen Namen mit Recht, Morthauseu!
Du müder Leib in letzten Zuckungen, ansgesogen vom Blutegel Geldgier!
keine Flur, die nicht verrußt, kein Gewässer, das nicht vergiftet,
Keine Naturschönheit, die mehr sicher vor dem breiten Gebiß des ge
fräßigen Mammons! Wahrlich, ihr habt die Hölle auf Erden in
furem Fressen und Saufen, Karrieremachen und Andere-an-die-Wand-
drücken, in eurem Geiz und Schachern, in eurem stinkigen Kulturfirnis!
Wehe euch! Kehret um, bevor esLU spät! Kehret reuig um tzur Matur!
Aber bn wirst zerfallen, wie As'sur zerfiel und Babylon, Hallas und
Rom — "
Da stieg die Sonne flammend empor. Träte erhob sich und
breitete ihr huldigend die Arme aus: „Sei mir, dem Lebenskünstler,
gegrüßt, du Göttliche, du Ewige! Gieß mir neue Lebenslust ins müde.Ge-
bein! Hier ist der Ort, wo ich nrein Heim erbaue, wo ich dereinst eure
germanische Edelrasse züchten weiche! Hohe Sonne, dir wellst und
du beschaust es dann hier, Größeres sahest du nie und wirst Nichts Grö
ßeres sehen! Vorher aber fahren wir noch nach Italien und
Dentschostafrika!"
Fei im Wipfel, Ernst in der Zeitung.
Träte wollte den ganzen Tag im Freien zubringen bei Sonnen-
nnd Luftbädern, drum kehrte Ernst allein zur Stadt zurück.
„Hallo!" rief Kaspar Albt aus der Weiuhandlung, „gestrige Sitzung
gut bekommen? Weißt schon Feis Abenteuer?" Und nun erzählte er
Ernst, Fei sei, nachdem er Ilse ins Haus der Freifrau gebracht habe,
auf die Linde davor geklettert bis hoch in den Wipfel vor Ilses Stube,
die habe ihn aber nicht eingelassen, und nun habe er mit seiner Flöte
geblasen, schaurigschön, bis die alte Freifrau von Linbül samt ihren Katzen
und schließlich alle Umwohner samt Hunden und Katzen um die Wette
nach der Polizei gerufen hätten. Die Nachtpolizei habe ihn nieder durch
Befehl noch durch Drohung und Ingrimm herunterkriegen können, er
hübe aus dem dünnsten Astwerk den Nachttau auf die Jünger der heiligen
Hermaudad herabgeschüttelt, bis der Polizeileutnaut einen Sergeanten
als Wache aufgestellt habe. Den aber habe Fei mit süßen Schlummer
liedern eingeschläfert und sei verschwunden, vermutlich gleich direkt nach
Italien.
In dem Augenblick kam Albt senior um den Druseltnrm herum.