Full text: Kultur der Geselligkeit; Intimes Musizieren; Ausklang; Harry de Garmo in memoriam (Band 3, Teil 2)

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beruflichen Tätigkeit stets ausserhalb meiner Wohnung .In dieser 
aber war mir wie dem armen Papageno das Schloss vor den Mund ge 
legt ,ja selbst <des Anstimmen eines Weihnachtsliedes »wozu die Fest- 
gtinuaung geradezu anregte ,war nach dem Beschlüsse eines deutschen 
Gerichtes ein strafwürdiges Vergehen . Bei der erst in etwa drei W 
Wochen spater anberaumten müddliehen Verhandlung vor Gericht vertrat 
mich der Associd des Geh Justizrates Dr Harnier . Man%/ird sich vor- 
stellen können»dass ich ziemlich "geladen " zu dieser Verhandlung 
ging ung mir vorgenommen hatte »gehörig auszupacken . Lern auch noch 
jungen Gerichtsassessor ,der sich von dem BeQ^tsanwalt so hatte einte 
seien lassen und der die Verhandlung leitete ,mag wohl schon eine 
Ahnung seines Faux Pas " gedämmert haben . Per junge ^echtsanwalt 
suchoe dagegen moch in der mündlichen Verhandlung den Beschluss al3 
durchaus begründet und gesetzlich unanfechtbar hinzustellen.Ja er 
sprach sogar in der Verhandlung davon »dass ich tierähnliche Laute 
von mir gegeben habe • Hatte ich .zuerst meinen ganzen Grolliüber das 
mir widerfahrene Unrecht durch eine ziemlich kräftige Sprache in ei- 
ner Weise Luit gemacht »dass der Herr ^erichtsassesor nahe daran war, 
mich aus dem erichtslokale weisen zu lassen »wenn nicht mein Vertei= 
diger geltend gemacht hätte »dass meine Erregung durchaus verständ 
lich wie berechtigt sei und er unbedingt dafür plaidieren müsse , 
dass ein derart gesetzlich unhaltbarer Beschluss sofort rückgängig 
gemacht werden müsse »so veranlasste mich doch -die auf die tierähn— 
liehen n au te anspielende Bemerkung des Rechtsanwaltes dazu , dem- 
selben in feiner Ironie entgegenzu treten . Ungefähr äusserte ich 
mich dahin »dass ich mich natürlich nicht mehr entsinnen könne »wel 
cher Art die Gesangstöne gewesen wären , die mich nach seiner Ansicht 
in so bedenkliche Nähe des Tierreiches gebracht hätten . Annehmen 
müsse ich aber »dass dieses für mich so schmeichelhafte Werturteil 
über meinen uesang möglicherweise dmreh bestimmte Vokaltonübungen 
entstanden sein könne. Vor dem hihen Gerichtshof könne ich natürlich 
Kernen ausführlichen Vortrag über Gesangstechnik halten »aber selbst 
der wichtfachmann wird begreifen »dass wie d as gesprochene Wort auch 
aas gesungene Wort nicht ohne Vokale denkbar ist und dass die Vokale 
in einer mehr als zwei Oktaven umspannenden Tonskala einer Gesangs— 
stimme nicht so leicht wiederzugeben seien wie bei dem gesprochenen 
Worte und sie daher eigentlich einer ständigen Übung bedürfen .Be 
trieb ich solche Vokaltonübungen auch weder regelmässig noch systema 
tisch, so müsste ich nicht der B ruc i e r eines bekannten G esan g S p ae 3 a g 0 g e; 
gewesen sein,um doch nicht hin und wieder zu solchen ÜbungenZuflucht 
zu nehmen# Zu den schwierigsten Vokalen gehört ohmne Präge das " u " 
denn ,um diesem Vokale eine akustische Wirkung zu geben »muss er 
schon häufiger geübt werden und man erleichtert sich diese Übung 
wenn man vor das " u ” den Anlaut " setzt und dann über die gan 
ze Tonskala »also in allen Lagen der Stimme M mu ” übt. Nun ist es 
ja richtig - wie ich allerdings zugeben müsse — dass "mu " als Ton 
eine verzweifelte Ähnlichkeit hat mi£ den nur zu bekannten bauten , 
in denen sich jede Gemütsbewegung einer unschuldigen Rindviehseele 
kund'gibt und es wäre möglich »dass die Anspielung des Be C ht3anwaltes 
auf die tiierähnlic&en Laute durch meine viellecht mal ausgeführten 
Übungen auf Vokal M u M veranlasst wurde »aber , wenn man auch dem 
lieben Rindvieh gewisse gute »für uns M^enschenbesonders nützliche 
Qualitäten nicht ab3prechen könnejundideshelb ein Vergleich mit dem- 
selberijfür mich nicht so arg verletzend wäre »so müsse ich doch selbst 
wenn man die schärfste kritische Sonde an meine Uesangsproductionen 
anlege »in stimmlicher Beziehung gegen jeden v ergleich mit dem 
sonst sehi ehrenwerten Rindvieh protestieren »denn meine gehörnten,, 
Stimmkollegen lassen gewöhnlich ihren Vokal "u " mit dem Anlaifct ”m 
»also ihr uns im Stalle »auf der Wiese oder in den bergen so anheimeli 
des "Muh M iii ti ^fer L a ge mnä gewöhnlich in fast stets gleicher Ton 
höhe ■ erklingen »während meineSJbungen auf Vokal "U " »die sich über 
die ganze Tonskala erstreckten - wie man mir glauben wolle - doch 
melodischer klangen
	        
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