Full text: Kultur der Geselligkeit; Intimes Musizieren; Ausklang; Harry de Garmo in memoriam (Band 3, Teil 2)

eines von einer Anhöhe herunterrollenden Lastwagens ähnlich sind und 
die anstatt die Kerzen der Zuhörer zu rühren,sie vielmehr beunruhige \ 
Ekkehard hätte sein bitteres Urteil sicherlich revidiert »wenn er 
mich als doch etwas kultivierteren Germanen gehört hätte »denn wie 
ein den £erg herabrollender Lastwagen rasselte mein gesangsorgan 
wirklich'nicht . Zu nächtlicheh Serenaden verlockten mich die schönen 
Sommernächte in Wilhelrashöher Hochwaldpark. Auf den abgelegenen 
Pfaden um den Wasserfall herum verbrach ich meine Tonorgien ,cit 
ich aber auch hier möglichst auf Ort und Zeit abstimmte . Yfolfram's 
Hymne anf den Abendstern passte wundervoll in solche Stimmung und 
Scenerie »die die ^atur - und nicht der Bühnenbildner - gebaut hatte, 
hinein. Weniger stimmungsvoll war es aber »wenn gerade ,als ich mit 
schmelzender Stimme den holden Abendstem anschmachtete »mir plötzlic? 
ein kompakter Tannenzapfen in die Rippen geworfen wurde . Zuerst war 
ich empört über diese profane Tat. Doch bald dachte ich darüber to 
leranter . Schliesslich hätten auch die Bewohner des Waldes Anspruch 
auf gachtruhe . Zweifellos hatte ich ei# eben eingeschlafenes Eich 
hörnchen am ersten süssen Schlummer gestört und dafür hatte es sich 
gerächt . Mit wohlgezielten Wurf erinnerte es den Ruhestörer daran, 
sich ein anderes Revier für seine Bangeslust zu suchen . Jedenfalls 
verstand ich den Wink und wechselte in ein anderes Parkgebiet hinüber 
Aber es ist nichts so fein gesponnen,als dass es nicht kommt an aas 
Licht der Sonnen. Erst nach etwa 25 ^ahren klärte sich das auf mich 
den ahnungslosen Sänger verübte Tannenzapfenattentat ganz anders auf, 
als ich erwartet hatte . L as wagnerfeindliche Eichhörnchen ,das ich 
im Verdacht hotte ,war völlig unschuldig ,denn der eigentliche Atten. 
täter war sogar ein guter Freund . Es war der Romantiker des ftabich:* 
waldes ,der Apologet der Waldkäuze,Dr Thilo Schnurre »der da nachts 
auch herumstrich ,um sein geliebtes Waldgetier ? das erst in nächtli 
cher. Stunde lebendig wird ,zu beobachten . Aus Ärger darüber ,dass 
ich ihm seine kreise störte »hatte er^getamt durch das nächtliche 
Dunkeijmir den Tannenzapfendenkzettel zugedacht . ^as gestand er mir 
nach so langem Zeiträume reumütig ein . Wie die ^eit jeden Schmerz 
heilt y so war auch die kleine heule ,die ich damals davontrug »längst 
verschwunden .Jedes Indizium fehlte und eine Klage wegen vorsätzliche: 
Körperverletzung wäre mangels jeglichen Beweises und vorhandener geu^. 
gen erfolglos geblieben »abgesehen dacon »dass längst Verjährung eir 
getreten war . Aber Genugthuung verlangte ich und da fanden wir beide 
dass die endliche Aufklärung jenes nächtlichen Attentates ein "Grund ’ 
zum Trinken " sei und so wurde die Erinnerung an unseren nächtlichen 
Konflikt durch eine alkoholfreie Orgie - wie es natürlich uns als 
Temperenzlern zukam - in Gestalt einer Flasche M Wormser Weinmost M 
gebahrend gefeiert . Hierbei gestand mir Freund Schnurre »dass schon 
seine damaligen ^eobachtungsStudien »die er nächtlicher Weise bei den 
Waldkäuzen betrieb »Bausteine bildeten für die grosse literarische 
Jat »mit der er ersx neuerdings alle LiteraturfreunJ« erffeut hat 
nämlic^h mit dem jüngsten Kinde seiner phanlastischromantisch-bizor^e 
ren Muse } dem "Kauzius,den Eulenmenschen " . 
•^ass ich aber wegen meiner Sangesfreude und meines Musizierensinoch 
einmal vor die Schranken eine«* rreassischen. Amtsgerichtes treten 
musste »das hatte ich mir allerdings nicht träumen lassen. Und doch 
geschah dies kaum Fassbare I in meinem *alle sollterjsich leider die 
schönen Worte »die schon der alte Homer über die Sänger prägte »nicht 
restlos erfüllen: 
" Alle sterblichen ^enschen der Erde nehmen die Sänger »Billig mit 
Achtung auf und Ahrfurcht . Selber die Muse 
lehret sie den hohen Gesang und waltet über die Sänger . 11 
Dass ich nach angestrengter geschäftlicher Arbeit auch gern im Hause 
sang und musizierte »wird jeder musikfrohe “"ensch begreifen.Nur waren 
mir hierbei auch Grenzen gesetzt . Im Winter heizte ich kaum den Sa-
	        
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