Full text: Kultur der Geselligkeit; Intimes Musizieren; Ausklang; Harry de Garmo in memoriam (Band 3, Teil 2)

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Gang zur Kirche antraten, wir Männer würdevollen Schrittes und ern 
sten Blickes, unsere Damen im vollen Bewusstsein ihr r heiligen Mis 
sion mit niedergeschlagenen Augen - da gewannen wir sofort die Sympa 
thien der Kirchbunner, die sich zahlreich au dem Konzert einfanden. 
Das Kirchenmusikfest verlief dann offenbar auch zur vollsten Zufrie 
denheit aller Besucher. Einige der schönen vierstimmigen Choräle aus 
der " Matthäuopassion " und aus dem " Paulus " wurden vo£ uns gesun 
ken, aber unter den vierstimmigen Gesängen ragte neben Mozart 1 s be 
rühmtem M Ave Verum M besonders der schöne Löwe*sehe Chor " In der 
Marienkirche H hervor. Mit einer schönen, zu Herzen gehenden Kirchen- 
Arie glänzte der hohe üepran unserer Prima Donna Mimi Romain. Anita 
Sander hatte dank des reichlich genossenen Baldrianthees ihre Aufre 
gung ganz verloren und erfüllte mit ihrem seelenvollen Geigenton den 
Schlichten Baum der Dorfkirche. Franz Schaf!sang mit seinem schönen 
Bass Beethoven*s Busslied . An der Orgel sass Vater Henkel, und wir 
langer, wenn wir nicht gerade auf der Empore zu tun hatten, traten 
kräftig die Blasebälge, damit unserem Vater Henkel nicht gerade bei 
den schönsten Stellen der Orgelbegleitung die Duft ausging. 
Beglückt über das Gelingen des von uns sozusagen improvisierten Kir- 
chenmusikfestes fanden wir uns in Gesellschaft der Lehrersleute und 
Dorfwirtshaus zu- 
Schande geotehen- 
er- 
Jes Pastors nochmals in feuahtfröhlicher Kunde im 
summen und ich als Ältester — ich muss es zu meiner ^ 
war einer der Ausgelassensten— • Aber selbst der Pastor, der sehr 
freut war über den schönen Verlauf des Konzertes in seiner Kirche, 
nahm uns unseren Sängerübermut, noch meine harmrocen scherze und Auf 
schneidereien durchaus nicht übel. Abends machten wir uns uann in 
einer strammen Fussv/cinderung durch die sc lönen hess Lechen Dor e o.iw 
den Heimweg. 
Die Kasseler Presse hat ;htig er 
scheinenden Kirchenmusikfest natürlich keine ITotiz genommen. um au er 
keine Berichterstatter entsandt. Doch hatten wir gern erfahren, wel 
chen Widerhall unser Konzert im Herzen der sichernd verstärk igen 
Hörer gefunden hat. V/enige Tage spater* - aber kam uns ein Ecno zu Ohrei , 
das wegen seiner Urwüchsigkeit es wirklich verdient, hier festgehalt« n 
zu werden, wenngleich es natürlich von dem üblichen Stile berufener • 
Musikberichterstatter sehr erheblich abweicnt. Xn dem LiüSHgeschaj.t 
Ühling und Bomain in der Frankfurter Strasse machte, eine Kirchbunner 
Bauersfrau ihre Einkäufe, und da konnte der Vater unserer Primadonna 
Hirni Bomain es sich nicht versagen, sie über die Eindrücke, die das 
Kirchenkonzert auf sie gemacht hat-, ” zu interviewen . iautvo 11 -rag 
te zuerst Vater Romain die Bäuerin, wie ihr die Geigerin gefallen ha 
be. " Ach jo, die Geigenspielerin- lies- sich unsere Kirchbunner Mu 
sikenthusiastin vernehmen - H jo jo, das is nur schode, dass der 
das Gequiekse sin soll **• Im. Allgemeinen 
Hunnertste nich wie 
teren Äusserung recht zufrieden gewesen, 
honn zu Russe denen gespro- 
krischt der ehe wie von uche 
:o sehen, 
di 
war sie aber nach ihrer we 
denn sie sagte : ’* Es war 
chen, dor hättet er sullen hingehen, 
fünf. " K a ch dieser ermutigenden Würdigung spielte Herr Romain auch 
auf seine Tochter»unsere damalige Primadonna, an, entlockte aber 
der Bäuerin nur die etwas enttäuschende Anerkennung :"J0, jo , die 
so ganz"hoch gequiekzet hot **. Mit dieser geschmackvollen Würdigung 
klang unser Kirchbunner Kirchenmusikfest aus. 
Unter unseren Quattettsommerausflügen war Kirchbauna einer der letz 
ten und an schönen Eindrücken wohl u«r reichste . Nicht nur uns sei 
brachte er grosse Freude »nein , wir empfanden es auch als eine be 
sondere Genügthuung , mit unseren Gesängen und Vorträgen euch ander* 
Freude und Genuss bereitet zu haben . 
Für unser deutsches Volk begann bald danach eine überaus schwere
	        
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