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Schluss nach Arkansas und kämpfte nun erfolgreich als Arzt g^en
die Cholera, Blattern und das Sumpffieher, bis er endlich seine
schriftstellerische Begabung entdeckte. Wildwest gab ihm die meisten
Stoffe, die er ähnlich wie Gerstacker und Möllhausen in vielen,
einst sehr verbreiteten Werken behandelte. Nach seiner Vaterstadt
zurrckgekehrt, lebte er bei der sich als Sprachlehrerin kümmerlich
durchsc .lugenden Sehrester Emilie, die ihn, den nun Dichterruhm
zierte, abgöttisch liebte.Jahrzehntelang galt er in Kassel als ein
ausgesprochenes Original, und wenn seine hohe, hagere, theatralisch
wirkende Gestalt mit Zylinderhut und faltenreichem Kragenmantel im
Strassenbild auftauchte, lenkte er stets die Aufmerksamkeit der 3e-
vöIkerung auf sich.
In den Kasseler Familien des Adels und wohlhabenden Bürgertums, wo
es regeren geselligen Verkehr mit einer besonders betonten Geistig
keit gab, nannte man diese gesellschaftlichen Zusammenkünfte be
scheidenerweise - ie es ja auch schon der Grimm*sehe Kreis tat,-
Kränzchen ** oder M Zirkel " und masste sich nicht das allerdings
volltönendere Epitheton " Salon M an,Von einem solchen Kränzchen^
das sich im Haube ihrer Eltern, des Ministers Rivnlier von Meyaen-
bi igj zusammenfand, berichtet auch begeistert Malvida von Meysenbugg:,
di. bekannte Verfasserin der *' Memoiren einer Idealist!n H . In. die-
seiji Hause waren auch Sp'ohr und der Baritonist wie Liederkömponist
Curschmann häufig Gäste.
Ganz in der Nähe Kassels erhob ein begabtes Mitglied des althessi
schen Adels, der ^aron von der Malsburg, seinen Landsitz Escheberg
zu einem wahren Musenhof. Selbst ein Dichter und in der Literatur
als fein empfindender Übersetzer Calderons bekannt ge-, Orden, war
dieser Aristokrat auch ein wahrer Mäzen, vie in seiner Familie über
haupt stets ein echtes Mäzenatentum zur Tradition gehörte. In dem
idyllisch in den Bergwäldern bei Zierenberg liegenden Schloss Esche
berg versammelte er stets Künstler, Dichter, Gelehrte und Musiker
seiner Zeit um sich. Der bekannte Kasseler Schriftsteller Paul Hei
delbach hat in seinem Buch H Deutsche Dichter und Künstler in Esche
berg " diesem um die Musen ^verdienten Manne ein schönes Denkmal ge
setzt. Stets die gastlichste Äuf nähme fanden in Escheberg neben An
ti .ren die Dichter Geisel, Bodenstedt, die Bruder Grimm, der Kompo
nist Heinrich Marschner, der in Wien zu grosser Bedeutung gelangte
Schauspieler des einstigen kurfürstlichen Hoftheaters Gabilion,
.'er aus Liverpool eingewanderte Musiker Tiver , dessen Sohn, den
Pianisten Frederik Tivendell, als Greis wir, mein Bruder und ich,
noch manchmal besuchten. Viele der volkstümlichsten Gedichte Gei-
bels flössen hier in Escheberg aU3 des Lichters Feder, und sicher
unMi tteibar beeindruckt durcl die herrliche Natur in Eschelperg
schuf Geibel daselbst die ins Volk gedrungenen Verse des bekannten
Mailiedes " Der Mai ist gekommen ” • Wahrend der bintennonate schlug
die Familie von der Malsburg stets ihre Residenz in Kascel auf. In"
dem alten, aber vornehmen Hause Wilhelmshöher Platz Nr. ( dem heu
tigen Adolf Hitler latz ), das jetzt teil.eise die Geschäftsräume
der " Kasseler Post ” beherbergt, unterhielt jahrzehntelang die Gat
tin des Oberhofmaraehalls Baron von der Malabürg, eine geborene
Bubuy, 41$ selbst sehr musikalisch.und eine bedeutende Klavierspie
lerin, wie ausserdem eine talentvolle Malerin war, einen Salon, der
in jener Zeit, aks dem Kasseler Musikleben durch Spohr ein bedeut
samer Auftrieb gegeben wurde, als ein gesellschaftliches Zentrum