Full text: Kultur der Geselligkeit; Intimes Musizieren; Ausklang; Harry de Garmo in memoriam (Band 3, Teil 2)

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Schluss nach Arkansas und kämpfte nun erfolgreich als Arzt g^en 
die Cholera, Blattern und das Sumpffieher, bis er endlich seine 
schriftstellerische Begabung entdeckte. Wildwest gab ihm die meisten 
Stoffe, die er ähnlich wie Gerstacker und Möllhausen in vielen, 
einst sehr verbreiteten Werken behandelte. Nach seiner Vaterstadt 
zurrckgekehrt, lebte er bei der sich als Sprachlehrerin kümmerlich 
durchsc .lugenden Sehrester Emilie, die ihn, den nun Dichterruhm 
zierte, abgöttisch liebte.Jahrzehntelang galt er in Kassel als ein 
ausgesprochenes Original, und wenn seine hohe, hagere, theatralisch 
wirkende Gestalt mit Zylinderhut und faltenreichem Kragenmantel im 
Strassenbild auftauchte, lenkte er stets die Aufmerksamkeit der 3e- 
vöIkerung auf sich. 
In den Kasseler Familien des Adels und wohlhabenden Bürgertums, wo 
es regeren geselligen Verkehr mit einer besonders betonten Geistig 
keit gab, nannte man diese gesellschaftlichen Zusammenkünfte be 
scheidenerweise - ie es ja auch schon der Grimm*sehe Kreis tat,- 
Kränzchen ** oder M Zirkel " und masste sich nicht das allerdings 
volltönendere Epitheton " Salon M an,Von einem solchen Kränzchen^ 
das sich im Haube ihrer Eltern, des Ministers Rivnlier von Meyaen- 
bi igj zusammenfand, berichtet auch begeistert Malvida von Meysenbugg:, 
di. bekannte Verfasserin der *' Memoiren einer Idealist!n H . In. die- 
seiji Hause waren auch Sp'ohr und der Baritonist wie Liederkömponist 
Curschmann häufig Gäste. 
Ganz in der Nähe Kassels erhob ein begabtes Mitglied des althessi 
schen Adels, der ^aron von der Malsburg, seinen Landsitz Escheberg 
zu einem wahren Musenhof. Selbst ein Dichter und in der Literatur 
als fein empfindender Übersetzer Calderons bekannt ge-, Orden, war 
dieser Aristokrat auch ein wahrer Mäzen, vie in seiner Familie über 
haupt stets ein echtes Mäzenatentum zur Tradition gehörte. In dem 
idyllisch in den Bergwäldern bei Zierenberg liegenden Schloss Esche 
berg versammelte er stets Künstler, Dichter, Gelehrte und Musiker 
seiner Zeit um sich. Der bekannte Kasseler Schriftsteller Paul Hei 
delbach hat in seinem Buch H Deutsche Dichter und Künstler in Esche 
berg " diesem um die Musen ^verdienten Manne ein schönes Denkmal ge 
setzt. Stets die gastlichste Äuf nähme fanden in Escheberg neben An 
ti .ren die Dichter Geisel, Bodenstedt, die Bruder Grimm, der Kompo 
nist Heinrich Marschner, der in Wien zu grosser Bedeutung gelangte 
Schauspieler des einstigen kurfürstlichen Hoftheaters Gabilion, 
.'er aus Liverpool eingewanderte Musiker Tiver , dessen Sohn, den 
Pianisten Frederik Tivendell, als Greis wir, mein Bruder und ich, 
noch manchmal besuchten. Viele der volkstümlichsten Gedichte Gei- 
bels flössen hier in Escheberg aU3 des Lichters Feder, und sicher 
unMi tteibar beeindruckt durcl die herrliche Natur in Eschelperg 
schuf Geibel daselbst die ins Volk gedrungenen Verse des bekannten 
Mailiedes " Der Mai ist gekommen ” • Wahrend der bintennonate schlug 
die Familie von der Malsburg stets ihre Residenz in Kascel auf. In" 
dem alten, aber vornehmen Hause Wilhelmshöher Platz Nr. ( dem heu 
tigen Adolf Hitler latz ), das jetzt teil.eise die Geschäftsräume 
der " Kasseler Post ” beherbergt, unterhielt jahrzehntelang die Gat 
tin des Oberhofmaraehalls Baron von der Malabürg, eine geborene 
Bubuy, 41$ selbst sehr musikalisch.und eine bedeutende Klavierspie 
lerin, wie ausserdem eine talentvolle Malerin war, einen Salon, der 
in jener Zeit, aks dem Kasseler Musikleben durch Spohr ein bedeut 
samer Auftrieb gegeben wurde, als ein gesellschaftliches Zentrum
	        
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