Full text: Das Kasseler Theater- und Musikleben im Wandel der Zeiten; Im Banne der bildenden Kunst (Band 3, Teil 1)

ES 
— 79 — 
Damals nahmen übrigens unter den Musikern die Hoftrompeter einen .be 
sonderen Rang ein . Sie waren sozusagen die Aristokraten unter den 
damaligen Musikern • Aus dem ursprünglichen Fanfarenblasen haben sie 
die Kunst entwickelt ,die hohen Töne melodisch zu führen und hahmen 
Lehrlinge nur gegen hohes Lehrgeld an »denn sie waren bestrebt »ihre 
Kunst sorgfältig zu hüten • Zudem genossen sie besondere Schutzprivi 
legien .Ja bis 1821 sogar haben sie als besondere Musikergruppe diese 
Vorzugsstellung innegehabt . Aus ihnen entstand allmählich die moder 
ne Militärrausik . Unter Landgraf Karl standen bedeutende italienische 
Musiker , die auch als Komponisten Weltruf genossen »wie schon ein 
gangs dieses Kapitels erwähnt »dem Kasseler Musikleben vor wie zB. 
Fedeli und Chellerl . Unter ihnen wirkte Joh.Adam Birkenstock als 
Konzertmeister der eis einer der vorzüglichsten Violinspieler seiner 
Zeit galt . Landgraf Karl erwies sich auch vielfach insofern als Mä 
zen als er junge begabte Musiker nach Italien zur weiteren Ausbildung 
sandte . Unter der Regierung des Landgrafen Friedrich II.,der selbst 
Violine spielte und oft den Proben der Oper beiwohnte,ja sogar die 
Pistungen kritisierte »sind einige Musiker in Kassel besonders hervo] 
getreten » die Erwähnung verdienen .Da war zunächst der hoch in der ' 
Gunst dieses Fürsten stehende Violinspieler Jacques Henz4 und dessen 
Frau Anna Henzde »eine vprziigliche Sängerin.Ihr wurde eine sehr schöne 
silbrig klingende und rührende Stimme nachgerühmt ,die mit der Oboe 
wetteiferte . Ein smderei*Musiker und Komponist »dessen Huf sogar weit 
über Kassel hinausdrang war Christian Kalkbrenner »ältester Sohn einee 
Kasseler Stadtmusikanten . Zuerst Kspellknabe und Chorsänger spielte 
er um 178o herum als zweiter Violinist in der Kapelle des Landgrafen 
Friedrich II »aber sein Hauptinstrument war doch das Fortepiano .Nach 
Auflösung der Kapelle ging er nach Berlin und wurde dort KÖpellmeiebe 
3ter des rinzen Heinrich von Preussen • Als Komponist hat er in sei 
ner Zeit eine nicht unbedeutende Rolle gespielt • 1798 wurde an der 
grossen Oper in Paris seine Oper Olympia mit vielem Beifall aufgenom- 
nen , Als zweiter Bratschist wirkte in der Kapelle 1784 -85 G. C. 
Grossheira mit . Später wurde dieser ein gesuchter Musiklehrer in Kas 
sel . 
Neten ier Oper wurde besonders die Kirchenmusik gefördert »aber unter 
Friedrich II. erfuhr auch des Konzertleben in Kassel eine bemerkenswer 
te Förderung »denn seiner Stiftung ist die Entstehung eines ständigen 
besoldeten Sängerchores »der aus einem dem Lyceum Fridericianum angegl 
gliederten Schullehrerseminar gebildet wurde »zu danken . Eö standen 
l - 23 besoldete Sänger und 12 - 14 Knaben für die Aufführung gros 
ser Chorwerke wie des Händel*sehen Messiaa^des Grsun *schen Tod Jesu, 
des Stabat Mater von rgolese und des JesuLeiden und Tod von Philipp 
aasnuel Bach und endlich der Haydn*'schen Werke Schöpfung und Jahreszei 
ten zur Verfügung .Ja dieser Chor sang sogar auf der Strasse vor den 
HiUsern Kranker und Sterbender geistliche Lieder .Hier haben wir also 
schon die Anfänge eine3 richtigen eignen Konzertlebens »wenüauch die 
Veranstaltungen meistens noch in der Kirche stattfanden. Es darf niemali 
verkannt werden,dass vor 175o die Stärke und Schönheit der Musik vor» 
nehmllhhdurch die Herrschaft der Kirche &ervorgebracht wurde. Esart in 
der eit der Aufklärung ^also in deri^iun folgenden Jahrzehnten ging der 
Zug der £rit auf eine weltliche Kunst • Übrigens musste der vorhin 
erwähnte Chor unter dem H 8C hfolger Friedrich II. dem sehr sparsamen 
Wilhelm IX^dem späteren ersten Kurffttrsten , auch im Theater »das sich 
*egen der schlechten Dotierung keinen eignen Chor mehr halten konnte, 
aitwirken,Der Seminarchor sang von 1788 -1816 im Theater als auch un 
ter JerGrae »der für seine Oper sich auch auf diese Weise die Kosten 
besonderen Theaterchor sparte . Wie fast überall trat all- 
aahlich auch in Kassel eine Verbürgerlichung der Konzertveranstaltunger 
ein. heutzutage wird das Konzertleben in der Öffentlichkeit als etwas 
durchaus Selbstverständliches angesehen und man übersieht zu leicht die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.