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digkeit ein so vorzügliches Spiel garnicht zugetraut hätte .Nur hat
te man bald den Eindruck,dass durch diese Partie ,die in der Höhe
flüssige und leichte Tongebung erforderte ,ihre an sich starke r und
sehr schöne Stimme in ihrer Eigenart gelitten hatte und ein Nach
lassen ihrer Stimmlichen Qualitäten ,öie bei ihrem Eintritt in das
Ensemble zu den schönsten Hoffnungen berechtigten ,war unverkennbar
zu bemerken . Indessen verliess|Frl. Schuster bald darauf die Bühne ,
da sie den sehr musikalischen Lehppr Kahse heiratete . In Salome
war auch Weltlinger als Epterodes und Wuzel als Jochanaan ganz.hervor—
ragend,Auch die ausserordentlich zugkräftige B*AX#bert•sehe Oper
"Tiefland ” erweckte beim Kasseler Publikum viel Teilnahme . Sei
dieser damals geradezu sensationelli wirkenden Schöpfung B*Albert*s
ist der Einfluss des italienischen Verismus unverkennbar nicht nur
insoweit der Stoff in Betracht kommt sondern auch in der Musik
schwimmt D*Albert ganz im veristischen Fahrwasser .Aber oh man nun
in den Klängen der Tieflandmusik einmal Mascagni oder Puccini > das
andere ^al Wagner heraushört »so bleibt doch die packende Gesamtwir-
kung bewundernswert. . In den Hauptrollen sind mir noch die guten
Leistungen von Prl Seiffert ,Kogel , Wuzel »Ulrici in Erinnerung
geblieben . Eine Anfängerin Prl . Backhaus ,ein zierliches Persön^.w
chen und stimmlich nicht sonderlich begabt ,fiel damals in der
recht natürlichen Gestaltung des naiven Neturkindes Nuri auf . Lu-rch
ein merkwürdiges Bpiel des Zufalles sollte ich später gesellschaft
lich in nahe Beziehungen zu Prl Backhaus treten .
Von ähnlich packender Wirkung wie Tiefland War auch Kienzl'sEvan-
gelimann,welche Oper ich in Kassel auch zum ersten Male sah undhör-
, te . Einen ungemein starken Eindruck hinterliess bei mir damals Carl
Grossais Johannes . Der kriminüalistischcßtoff ist theatralisch wirk
sam für die Bühne verarbeitet . Die Musik streift häufig sehr ans
Sentimentale ,ist aber im Grossen und Ganzen sehr volkstümlich .Von
ungemein komischer Wirkung ist die heitere Kegelszene ,die auch mu
sikalisch]® von Kienzl*sehr feinsinnig gestaltet ist .Im Jahre 19o7
gastierte Aino Actd von der grossen Pari ser Oper als Margarethe
inGounod's Oper . Um dieselbe ^eit waren noch zwei andere deraeit
berühmte Sängerinnen Madame Cahier und Sigrid Arnolden als Gäste
nach Kassel gekommen »was im Allgmeinen selten vorkam .Am 28März
19o9 fand am Kasseler Hoftheater die hundertste Aufführung der
•Junggrau von Orleans statt ,während die erste nach der Theaterchro
nik mit Mc}£gi Peife in der Titelrolle am To März 1816 erfolgte .Die
se von dem Oberre.gisseur Hertzer durchgeführte Neuinszenierung war
für mich speziellinsofern bedeutungsvoll als ich bei dieser Gelegen
heit mich zum ersten Male im Kgl Theater als Schauspielreferent betä
tigen durfte . Mir war der Sedanke niemals gekommen , dass ich das ~
Theater je anders aPs ‘nur als geniessender Zuschauer oder Zuhörer
besuchen würde und nun trat der mir befreundete Rector Arnold Lat-
wesön ; der als höchst gewandter Schauspielreferent der damaligen„hes-
sischen Post"allgemein geschätzt war ,en mich mit der Bitte heran ,
ihn im Verhinderungsfälle gelegentlich zu vertreten . wie schmeichej
haft auch für mich sein mir entgegen&ebrachtes Vertrauen war »ging
ich doch mit etwas Bangen an die mir zugetraute Aufgabe heran ,die
meinem eigentlichen Berufe so fern lag und zu welcher mir als sehr
beschäftigter qeschäftsmanndoch auch die genügende Zeit und Muße
fehlte . Inoffiziell fühlt sich ja jeder geistig Sege.»mehr oder
weniger urteilsfähige Zuschauer berufen ,Kritik zu üben und daran
habe ich es auch nie fehlen lassen. Doch nun sollte ich öffentlich
und verantwortlich das »was ich empfand ,in wohlgesetzten Worten
niederschreiben. Ohne jede Vorbildung war es immerhin eine heikle
Aufgabe »wenn ich sie auch nur als sogenannte "zweite Garnitur*'zu
erfüllen brauchte • Doch sie reizte mich und.ich übernahm deshalb
gern diese Mission »die mich nun noch mehr an das Theater fesseln
sollte . Wider Erwarten fand mein erstes grösseres Referat auch Gna
de vor der hohen Redaction,die nun mich als gelegentlichen Vertre-