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e o war dies von den hervorragenden Einzelleistungen abgesehen nur
durch Betonung rein äusserlicher Momente möglich ,die hauptsächlich
auf Herausarbeitung und Stilisierung der Szene ,die in ihren Dimen
sionen’^ die alte griechische Schaubuhne gemahnen sollte ,beruhten
wie aubh durch Erzielung grossartiger Massenwirkungen bei den glän
zend einstudierten Sprechchören . In das ^ahr 19o5 fiel der 1 5o jähri
ge Geburtstag Mozarts,der Anlass gab zur Veranstaltung eines Mozart-'
Zyclus ,in dem auch seine Jugehdwerke wie die Gärtnerin aus Liebe ,
Bestien und Bastienne neben seinen Hauptwerken Berücksichtigung fan
den . Von Leoncavallo gab man die Oper ”Zaza ”,die sich aber in Esu*
Deutschland nicht als lebensfähig erwies .
Am 1 April 19o6 trat Graf Bylandt Rheydt als neuer Intendant,wie
schon an anderer Stelle ausführlich berichtet ,in sein Amt . Mit dem
Ende dieser Saison verliessen das Kasseler Theater beliebte Kräfte ,
wie die erste*dramatische Sängerin Frau'Morny ,die den Kasseler Arzt
Dr Meder heiratete ,Frl Hannewald und der äusserst populäre Komiker
Schmasow . In den Abschiedsvorstellungen verwandelte die Bühne sich •
stets in einen wahren Blumengarten und man spürte.an der in stürmi
schen Ovationen sich äussernden Herzlichkeit des Publikums ,wie innig
und stark die Bande waren,die die scheidenden Künstler mit dem Pu
blikum verknüpften.
Schmasow wirkte allein schön durch seine wundervollen Masken|und seine
urkomische Erscheinung . In der Darstellung zog er zumeist die gro
tesken Register ,de seiner Kunst der feingeistige Zug fehlte , der
einem wirklichen Oharakterkomiker eigen sein muss . Dies fiel mir
stets besonders stark auf ,wenn ich in Privatgesellschaften seine
Vorträge erlebte . Ausserhalb des Theaters auf sogenannten Herrenaber
den wirkte seine Komik plump und als letzte Wirkung mussten oft
starke Anzüglichfeaiten auf erotischem Gebiete herhalten ,zu denen
er dann gern seine Zuflucht nahm ,womit er aber feiner empfindenden
Gemütern auf die Her-ven fiel. Aber auf der Bühne war er fraglos eine
höchst wertvolle Kraft. Von Kassel ging er an die Kgl. Schauspiele
in Hannover*,wo er dann bald einige Jahre darauf starb. An seinen
Abschiedsabend erinnere ich mich noch insofern sehr gut f als bei ihm
die Buhne weniger einem Blumengarten als mehr einem Delikatessenlader
glich . Seine Verehrer und Gönner kannten seine Vorliebe für konsis
tente Spenden . Als aber unter den vielen Fresskörben schliesslich
noch ein lebendes Ferkel hervorkam ,da tobte und schrie das Publikum,
das sofort Verständnis zu haben schien für die symbolhafte Bedeutung
dieser Spende . Ich musste auch unwillkürlich an seine ominösen Her
renabendvorträge denken und sicherlich war die wenig hoftheaterfähig
ge Spende ihm von irgend einem Spassvogel zugedacht worden ,der da
mit ihm den gebührenden Lohn für den Geist seiner Vorträge ausserhalb
der Bühne in ebenso anschaulicher^wie sinnbildlicher Form darbringen
wollte.
Dass mit dem Einzuge des neuen Intendanten ,des früheren Garde-Küras-
SierRittmeisters Graf Bylandt- Rheydt in dem Repertoir umwälzende
ll eformen Eingang fanden ,wird man kaum voraussetzen dürfen , zumal
Graf Bylandt -Rheydt ,der sich über die notwendigsten Grundkenntnis-e
se des Theater Lesens nur kurze Zeit in Weimar unterrichtete ,eben h
auf diesem Gebiete ein völlig unbeschriebenes Blatt war . Die nun
einmal durch die Tradition geheiligte Linie wurde auch unter dem
neuen Regime gewissenhaft eingehalten . Dagegen brachte in der Schau
spielregie der neue Oberregisseur Hertzer manche in den Kgl. Schau
spielen in Berlin gewonnene Erfahrung zur Geltung . Unter den Schau
spielnovitäten ,die mir aus den Jahren 19o7 - 19o9 als besonders wir
kungsvolle Gedächtnis haften geblieben sind,verdienen verschiedene
Erwähnung . Da war zunächst ein ^enaissancedrama „Die Condottiere ”
von Rudolf Herzog • Diesem Dichter mögen wohl die starken Individua
litäten des Al enaissancezeitalters ,nicht minder der heitere Übermut
der in der Atmosphäre dieser Zeit gedieh ,besonders gereizt haben
Als alter Coleone ragte Bohnä hervor und Frau Bayrhammer fand in