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dass der Kurfürst einen ausgesprochenen Widerwillen gegen Beethoven's
"Pidelio M empfand ,der nur zu häufig auf dem eingereichten Bepertoir
gestrichen wurde . Die alljährlich veranstalteten Hofsaujagdengabeh t
da riaie den Pürsten vom Theater fern hielten ,der Intendanz willkomme
ne Gelegenheit die Oper ohne Gefahr einer Ablehnung vorzuschlagen.
Unter den Gästen erschienen bis zum Jahre 1865 sehr häufig die frühe
ren beliebten Mitglieder des kurfürstlichen Hoftheaters »die inzwischen
an bedeutenden Bühnen grossen Ruf erlangt hatten wie u. A. Marie See-
bech »Luise Meyer »Otto Lehfeld »der übrigens in Kassel als erster
den Shakespeare * sehen Richard III zur Darstellung gebracht hatte.
Aber auch andere berühmte Künstler des Schauspiel^ und der Oper gas
tierten in Kassel wie Emil Devrient »die Tenöre Ander und Grimmigger
und zum guten Beschluss im Jahre 1865 der Kammersänger Albert Niemann
als Tannhäuser mit seiner überaus eindrucksfähigen Gestaltung dieser
Partie .
Im Jahre 1866 fielen die kriegerischen Ereignisse gerade in die Thea
terferien . Wie üblich wurde das Theater als kurfürstliches Hofthea
ter geschlossen »um am 1 August seine Pforten wieder zu öffnen . Be
kanntlich vollzog sich die Annection von Hessen - Kassel im Jahre
1866 in verhältnismäßig friedlichen Formen »sogar unter einer gewis-*
sen Theilnahmslosigkeit der Bürgerschaft . Ams dem Kurfürstentum war
über Nacht die preussische Pararvinz Hessen- Nassau geworden . An an
derer Stelle ist dieses für Kassel*s weitere Entwicklung wichtig gewee
sene Ereignis schon berührt worden .'Noch bis Mitte Ociober führte
das Theater den Namen eines kurfürstlichen Hoftheaters . Erst von die
sem Zeitpunkte an änderte sich sozusagen \die Firma . Als kgl. Schau
spiele wurde des Theater in den alten Bahnen fortgeführt . Mit dem
Systemwechsel war natürlich auch eine Änderung in der Leitung verbünde}
Per kurfürstliche Generalintendant trat nach zwanzigjähriger Tätig
keit von seinem Amte zurück und an seiner Stelle wurde emn Herr von
Carlshausen ernannt »während die Oberleitung in den Händen der Gene
ralintendantur der kgl. Schauspiele Berlins verblieb. Zuj$ner Zeit
wirkte ein Fräulein Hentig »die nachherige Frau Soltans als Prima
Donna an der Kasseler Oper • Sfce soll dem Kasseler Hoftheater lange
Jahre treu geblieben sein . Besonders ; wurde sie als Konzertsängerin
gerühmt . Als erster Tenor war Georg Müller verpflichtet worden .Mit
glänzender Stimme ausgestattet zeichnete er sich besonders in den
bravourpartien der italienischen Oper aus »die er mit hinreissender
Verve gesungen haben soll »aber dir nur verhältnismäßig gering dotier
ten Kasseler Bühne war es nicht vergönnt »einen solch*seftenenVogel
für längere Zeit festzuhalten . Er entflog schon nach einem Jahre an
die Wiener Hofbühne »kehrte dann später öfters zu Gastspielen nach
Kassel zurück • Vor ihm waren auch vorübergehend die später zu grossem
Ruf gelangten Tenoristen Ferd . Jäger und Unger an der Kasseler Bühne
tätig . Underst im Jahre 1868 gewann die Kasseler Bühneais Heldentenor
wieder einen Sänger »der dem Kasseler, Theater lange Jahre erhalten
blieb . Es war der Ijjeldentenor Zottmafyr »ein Sänger von unfehlbarer
Sicherheit und ausserordentlicher Ausdauer . Partien wie Rienzi ,lcr
hengrin »Tannhäuser »Masaniello Frophetund Eleazar wurden von ihm
in grossem Stile gesungen und dargestellt . Nach zweiundzwanzigjähri
gen Wirken trat er 189o in Pension . Seih« Gattin die schoiifvor ihm
gestorben war (im J. 19o3) »wirkte neben ihm fast ebensolange als
ausgezeichnete Altistin »die ebenfalls in ihre Partien wie die Srlica
Amneris Orpheus den Adriano und Sextus wie andere^einengrossen Zug
hineinzubringen wusste • Zottmayr »den ich manchmal im alten Residenz^
kaffee getroffen habe »war auch äusserlich eine prächtige Erscheinung^
Seine mit den Jahren zunehmende Beleibtheit soll\allerdings auf der
Bühne oft illusionsstörend gewirkt haben . Er stärh in seinem 72 ten
Lebensjahre . Mit einem seiner Söhne , der 4 n Kass/el lebte und auch