Full text: Das Kasseler Theater- und Musikleben im Wandel der Zeiten; Im Banne der bildenden Kunst (Band 3, Teil 1)

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Jahreszahl als seine eigenhändigen Werke zu beglaubigen. 
In der Gestalt der Diana ist Jupiter der Nymphe Kallisto 
erschienen und sucht die sinnend »aber doch misstrauisch 
dreinschauende Kallisto zu überlisten. Der sonst sehr zum 
Derben neigende Rubens hat den delikaten Stoff in überaus 
sinniger Weise gestaltet. Mit der ihm eigentümlichen Bra 
vour hat er in einer fast schattenlosen Modellierung den 
Akt der Kallisto herausgearbeitet. Das Incarnat des nakten 
Frauenkörpers leuchtet wundervoll^ man glaubt, unter der 
Epidermis das Blut hervorschimmern zu eehen und kann be 
greifen, dass Guido Reni, als er Bilder von Rubens zu sehen 
bekam, die Frage "Mischt denn dieser Maler Blut unter seine 
Farben" nicht unterdrücken konnte. Um dieselbe Zeit im Jahre 
1613 als Rubens in seiner malerischen Handschrift einen ge 
wissen Höhepunkt und in der Farbengebung eine im Vergleich 
zu seinen Frühwerken schon feststellbare Abgeklärtheit er 
reicht hatte, ist auch das Bild "Venus, Amor, Bacchus und 
Geres", das in der Komposition dem vorgenannten Bilde nicht 
nachsteht, entstanden. Auch an diesem Bild tritt die an der 
Antike geschulte Formensprache deutlich hervor, wie überhaupt 
hier in dem entzückender Spiel der Linien der Einfluss der 
venetianisehen Schule, obwohl Rubens schon seit mehreren 
Jahren Italien verlassen hatte, noch spürbar nachklingt. Im 
Gegensatz zu den übrigen seiner Y/erke in der Galerie hat 
hier das^benso meisterhaft angelegte Incarnat erheblich in 
der Farbe gelitten. Dadurch dass die feinen Lasuren des In- 
carnats durch den Zahn der Zeit zerstört wurden, sind die 
blauen Schatten durchgewachsen und haben so den Gesamtein 
druck erheblich beeinträchtigt. Aus Rubens koloristisch' 
glänzendster Epoche gibt in der Kasseler Galerie das Bild 
"Diana mit den Nymphen von Satyrn überfallen" eine ungefähre 
Vorstellung. Hier hat Rubens im Incarnat reichlich blaue 
Schatten verwendet, aber die malerische Wirkung an di^aem 
Bilde wird erhöht durch die ganz deutlich erkennbare Tendenz, 
die Konturen verfliessen zu lassen. Wie immer sind bei Ru 
bens Einzelheiten ausserordentlich geistvoll gemalt wie z.B. 
der kunstvolle Schmuck an den Sandalen der Göttin, der Kopf 
des Hundes und die landschaftliche Staffage. Natürlich steht 
dieses in grossem Format gemalte Bild, wenn man das Gesamt 
werk das grossen Vlamen überschaut, ebenso wie das im ver 
hältnismässig kleinen Format gemalte und in der Literatur 
als Wiederholung angesprochene Bild "Der trunkene Herkules 
von Satyrn und Bacchantinnen geführt" den Meisterwerken aus 
dem gleichen mythologischen Stoffgebiet in der Münchener 
Pinakothek und anderen berühmten Galerien erheblich nach. 
Ein Werk aber, auf das die Kasseler Galerie ein ganz beson 
deres Recht hat, stolz zu sein, und das auch bei dem grossen 
Publikum viel Interesse findet, ist der auc . um 1613-1614 
gemalte "Triumph des Siegers". Mit seiner schöpferischen 
Phantasie hat Rubens auch hier eine glückliche Lösung des 
mythologischen-allegorischen Inhalts und des eigentlich 
abstrakten Themas gefunden. In seiner glänzenden Rüstung 
stützt sich der Sieger mit dem Schilde auf einen gefesselten, 
in einem braunen Fleischton gemalten Barbaren. Von dem Genius 
des Sieges wird ihm ein grüner Kranz als Schmuck auf das 
Haupt gesetzt, während ihm von der anderen Seite ein juhger 
Genius mit dem Abzeichen der Liktoren, den Fascien, naht.
	        
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