einigung ein wichtiger *actor in Kasseler Musikleben geblieben und
ninuit unter d en inzwischen wie überall auch in Kassel entstandenen
zahlreichen Mannergesangvereinen gesellschaftlich wie auch künstle
risch immer noch eine führende Stellung ein. Meine schon erwähnte
mehrjährige Zugehörigkeit zur Liedertafel brachte «ich bald in nähe
re Fühlung mit deren dereinstigen Dirigenten Musikdirector Karl Hall
wachs »einen geistvollen ,phantasiebegabten und temperamentvollen Mu
siker , der seit 19o2 auch den Kasseler OratorienVerein leitete.
Zu Gunsten des letzteren Vereins gab ich gern die Mitgliedschaft in
der Liedertafel auf„zumal ich Mannerchöre wohl se&i* gern höre^aber
weniger gern ,weil zu uninteressant ,dabei mitwirke . Dem Oratorien
Verein gehörte ich dann mehr als zwanzig Jahre als aktives Mitglied
und in den letzten Jahren meiner Kasseler Zeit auch als Vorstands
mitglied an. Neben den Abonnementskonzerten der £gl Kapelle standen
jedenfalls in den Jahren vor dem Weltkriege die Veranstaltungen des
Kasseler O ra torienVereins im Mittelpunkt des Kasseler Musiklebens •
Hervorgegangen war der OratorienVerein aus dem am 13 Septb 1861 vom
Musikdirector Weidt gegründeten "Weidt'sehen Gesangverein ",der zu
nächst bis 1863 bestand . Infolge Wegzuges seines Gründers und ers-
tenLeiters ruhte die Vereinstätigkeit dann mehr als 5 Jahre , Erst im
Jahre 1869 erwachte der Weidt*sche Gesangverein wieder zu neuem Leber;,
nachdem man in dem Musiklehsrer B r e d e einen neuen tüchtigen Diri
genten gefunden hatte . Im Jahre 1881 nahm diese inzwischen zu einem
bedeutsamen Factor des Kasseler Musiklebens gewordene Chorvereinigung
den Namen." Kasseler OratorienVerein "an . Brede blieb bis 1897 Dirig«
gent des Vereines • Sein Nachfolger wurde der kgl Musikdirector Dr,
Leier ,de? aber die Leitung des Vereins schon nach fünf Jahren infol
ge seiner starken Inanspruchnahme als erster Kapellmeister am kgl.
Theater an den inzwischen zum Dirigenten gewählten und aus Saarbrückei
gekommenen ^arl Hallwachs abtreten musste • Den Kern des Kasseler
Oratorienvereins#der wahrscheinlich heute noch unter Beitung von
jftallwachs besteht ,aber kaum noch die führende bangstellung wie in
der ^eit vor dem Weltkriege einnimmt ,bildeten früher - und teilwei
se auch in neuster Zeit - die alten Kasseler Bürgerfamilien ,in denen
musikalische Kultur von jeher eine traditionelle Pflege erfuhr . An
die Stelle der aus der aktiven Mitgliedschaft ausscheidenden Eltern
traten vielfach deren Kinder ,die dem Vereine ebenfalls die Treue
hielten. Ja selbst das Amt des Vorstands blieb Jahrzehnte lang der
hochmusikalischen Familie Harnier Vorbehalten • Als Mitschaffender
während mehr als zwei «Jahrzehnte lernte ich das ganze klassische Ora
torium Heperdubfr kennen »Am Eingänge zum Tempel klassischer deut
scher Musik stehen die beiden Säulen Bach und Händel . Die Bech*echen
Passionen und Kantaten wie die bekannten grossen Werke von Händel
führte der OratorienVerein so häufig auf,dass ich garrade dank mei
ner Tätigkeit in diesem Vereine tief in den ^ehalt dieser M eister*r
werke eindringen könnte . G e rade,w8s an ^ach so fesselt^ist das
Nebenher verschiedener Stimmen > deren Linien gegeneinander streben und
wirken ,sich dann wieder kreuzen und einander überschneiden .Diese
ßach ‘sehe Vielstimmigkeit,die dabei noch mit einem seelischen Ge-
*halt sondergleichen erfüllt ist«kann man nicht gleich bei einmaligen
Hören in ihrer ganzen Wirkungskraft erfassender in den wochenlangen
Proben erschliesst sie sich einem aufs Schönste und man wird dann
zum überzeugten Anhänger diesexs unvergleichlichen Meisters beseelter
Vielstimmigkeit ebenso wie man- bei Händel den ungleich grösseren
Reichtum an fasslichen Itelodieri bewundert,aber wie diebeiden Grossen
ihre Fugen aufbauen,die in starrer Gesetzmässigkeit uä^ihr Thema
wie die Planeten um die Sonne laufendes hat mich stets überwältigt.
Nicht minder zähle ich zu meinen schönsten Erlebnissen im Oratorien
Verein das gründliche Bekanntwerden mit den grossen Werken von
Haydn^Mozart,Beethoven jMendelsohn und Schumann und da die meisten
dieser Werke öfters wiederholt wurdenjerschlossen sich mir ihre
Schönheiten in viel grösserer Eindringlichkeit als es ia nur genies*
senden Zühören kaum jemals erreic hbar wäre .