Full text: Streiflichter auf das wirtschaftliche, geistige und gesellige Leben Kassels (Band 2)

Sie tranken zierlich Champagner 
{Jnd sprachen ohne Fluchen , 
Auch wickelte ein sich Mancher 
Für die Kinder ein Stückchen Kuchen. 
"Sind das die grässlichen Viecher ? " 
So sprach jetzt jede Zöge 
" Vor denen sind wir sicher !" 
Und Freude war bei Hofe • 
Die aber beim Upp'gen Mahle , 
Gedachten der Steuern in Hessen 
Und wie zu mildern die Plage , 
Sie werden es nicht vergessen! 
Doch bald wehte nach dian so manche Hoffnungen weckenden ^evolutions- 
jahren in Deutschland wieder ein anderer Wind . Wie an vielen Stellen 
erhob auch in Kassel wieder die Resetion ihr Haupt .Der Kurfürst ,dei 
sich geschickt in den Revolutionsfahren der allgemeinen VolksStimmung 
anzupassen gewusst hatte ,erkannte bald »dass nun wieder sein Weizen 
zu blühen begann und berief zum Premierminister seinehalten Vertrau 
ten ,nämlich Hassenpflug ,zum Entsetzen der meisten hessischen Patri 
oten . Hassenpflug war also dazu ausersehen »die zur Herrschaft ge 
langte liberale Strömung in das alte ^ett des Gehorsams zurückzudäm- 
nien . Wenn er auch nur auf eine sehr geringe Anzahl von iinhängem. rec_ 
nen durfte ,so fehlte es ihm nicht an Energie und.Unerschrockenheit^ 
den Drachen der Revolution zu bändigen . Einer seiner ersten Schritte 
war die am 2 ten Septb 185o erfolgende Auflösung der Ständeversamm 
lung ,die in Kassel allgemeine Empörung hervorrief ,der in ihrerüo . 
2o6 die "Hornisse " in einem offenen Briefe ,der an Sr . Kgl . Hoheit 
den Kurfürsten gerichtet war und auch als Flugblatt verbreitet wur 
de ,wohl von allen oppositionellen Blättern den stärksten Ausdruck 
verlieh . ^arin hiess es : 
" liegt in der gatur der Sache ,dass ein Verbrecher ,den die 
Gesellschaft verworfen hat »keine Mühe scheut »sich Kumpane zu schaf 
fen . Dürfen Eure kgl. Hoheit sich zu dieser Rolle erweichen lassen? 
Krl. Hoheit ! Die Maßregeln »die Ihnen Herr Hassenpflug vorschlägt , 
sind nicht die eines guten Engels »äondern die des bösen • »venn inr 
Premier Sie weit genug von dem Herzen des Volkes gedrängt hat »dass 
es ihm Mühe kostet »den Fluch auf den Lippen zu ersticken »dann — kg-i. • 
Hoheit — wird der Fälscher von Greifsv/ald mit Iioimlachen auf seine 
Kraturen blicken,auf Sie ,^gl. Hoheit »da Sie dann keinen andeien 
Weg mehr haben als - vorwärts »vorwärts bis " 
( - In Greifswald schwebte ein Kriminalverfahrenjgegen Hassenpfiug 
wegen Rechnungsfälschung und rechtloser Aneignung öffentlicher Gel 
der . H. erreichte jedoch einen Freispruch .-) 
Aber alle Proteste der Republikaner »Demokraten und Lioeralen waren 
vergebens 7 Im Dezember 135o kamen die Strafbaiern »wie sie im Volks 
kunde hiessen und die erste Verordnung »die der östereichische Bun 
deskommissar Graf von Leiningen erliess »war die Beschlagnahme der 
"Heuen Hessischen Ztg " »der " Hornisse " und des von Trabert heraus 
gegebenen " Volksboten " 0 ' 
G .-führt von besonders dazu ausgewählten jüngeren Offizieren drangen 
einzelne Kommandos von Husaren mit geladenen Pistolen In die Drucke 
reien der genannten Leitungen »versahen die Druckpresse mit Siegeln 
und bemächtigten sich der schon gedruckten Exemplare . Die ungezügelt; 
Freiheit der oppositionellen Presse war entgültig vorüber .y-r . 
ner wurde nach seiner zuerst mißglückten Flucht verhaftet. Spater ge 
tan- es ihm aber mit Hilfe des Gardisten Zinn aus dem 4s*eU zu ent 
fliehen • Sr ging nach UordAmerika»wo er am 15 Mai 1898 als Redacteur 
des " Philadelphia Democrat " verstarb . Sein Mitarbeiter Heise ent 
floh nach Irland »wurde, aber nicht sehr alt . Auch Oetker und dessen 
Mitarbeiter Dr Pfaff machten sich bald aus dem Staube .
	        
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