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Grossen wie im
schlagen . Ihr
Wissenschaft ,
ser -Beliebtheit beim Kasseler Publikum erfreute . Ein Zeitgenosse ,der
Akademieprofessor Friedrich Müller gibt in seinem im Jahre 1876 er
schienenen Buche ” Cassel seit siebzig Jahren " eine interessante Cha-
rasterifetik dieses Blattes : M Die Zeitung - so schreibt er - ist ein
wahres Kompendium für spezielle und allgemeine Politik . Wrr sich noch
heute Uber die eigentliche Lage der damaligen Verhältnisse sowohl im
Kleinen unterrichten will »braucht nur in ihr nachzu-
sonntägliches Beiblatt enthält Schätze für Kunst ,
Literatur und Kunstgeschichte . Nur in Betreff unserer
hessischen Verhältnisse würde man .vergebens nach einer anderen Aus
kunft als einer offiziellen suchen und diese flössen ihr im kärglich
sten Maße zu . Überhaupt sorgte schon die Zensur dafür »dass nur das
bekannt und öffentlich besprochen wurde »was nach oben keinen Anstoss
erregte - und was erregte nicht alles an diesem Grte Anstoss!"..•
Las Lob »das Friedrich Müller zuerst dieser Leitung singt »klingt
schliesslich in einen. Stossseufzer über die kurfürstliche Zensur aus ,
die seit 1816 in der i'at äusserst rigoros war . Sie dehnte sichfi nicht
nur auf Tageszeitungen »sondern auch auf Bücher und Schriften aller Ai
aus und unterdrückte mit allen nur denkbaren Mitteln jede freiere Äus
serung einer öffentlichen Meinung . D£r aus seiner unfreiwilligen Ver
bannung zurückgekehrte Kurffirst gab sich einei grossen Täuschung hin,
als er wähnte »seine treuen Hessen nooh genau so willfährig wie vor d«
Invasion wiederzufinden . G-ewiss ist d.er die Tradition liebende undjam
Alten hängende Hesse keine revolutionäre Natur . Für ihn war bei sei
nem starken Gefühl für das angestammte Herrscherhaus die Verjagung .des
Kurfürsten ein schwerer Schlag »aber den treibenden politischen Ideen,
die sich von der französischen Revolution herleiteten »konnten sich
auf die Hauer auch die Kurhessen nicht entziehen . Allenthalben machte
in Deutschland nach den Befreiungskriegon ein freiheitlicher Umschwung
sich geltend . Der Huf nach konstitutioneller Regierung »nach Einfüh
rung von Provinziel- und Kommunallandtägen »nach Stadtordnungen »nach
Gewerbefreiheit und nach Aufhebung der verkehrahemmenden Zunftverfas
sungen wurde immer dringender . Natürlich mussten erst die neuen For
men gefunden »die Bürger erst zum neuen Verfassungsleben erzogen wie
für den neuen Staatssinn gewonnen und geschult werden , Vielleicht gir
die Entwicklung in Kurhessen langsamer vor sich als im übrigen Deutsch
land,aber schon unter dem ersten Kurfürsten »der die ^eichen der Zeit
nicht erkennen wollte »fing es an zu gären und als das wirtschaftliche
■^eben »das sich während der westfälischen ^eit wesnntlich gehoben hat-
alte Ausbeutungssystem von «euen
te »wieder zum Erliegen kam »ja , das
Platz griffund selbst die für ihren Landesherrn immer eintretenden Bau
ern unter der stets wachsenden Last der Abgaben seufzten,ja, die neue
kurfürstliche Zeit für viel schlimmer hielten als die westfälische »de
keimte auch in Hessen -Kassel der Wille zu einer freiheitlicheren Ge
staltung auf . Nur in dumpfer Verbitterung ertrug das Volk die trauri
ge,ihren Landesherrn entwürdigende Maitressenwirtschaft unter dem zwei
ten Kurfürsten Wilhelm II. und der auflodernde Groll machte sich
schliesslich in der SeptemberHevolution 183o Luft »in deren Folge man
dem Kurfürsten die Verfassung abtrotzte . Bald darauf im Januar 1831
ereigneten sich die Krawalle »die zur Verjagung der Gräfin Reichenbach
führten und den Kurfürsten veranlassten »Kassel für immer zu verlasser
und seinenSohn zum Mitregenten einzusetzen . Dieser'wieder dachte mit
den Männern seines Vertrauens nur daran die neue Erfassung - wo er
es nur konnte - zu umgehen »bis dann die Märzrevolution 1848 die reak
tionären Gelüste des dritten Kurfpriten unterband und im Bürgertum ,
das nun alle seine ideale und rrossdeutechen T r äume verwirklicht zu
sehen glaubte »schwärmerische Begeisterung auslöste »die aber schon
nach zwei Jahren durch die nun wieder einsetzende Reaktion wesentlich
^edämpft wurde . Erst als Kassel ^rovinzialhau^tstadt wurde »trat im
-politischen Heben eine gewisse Beruhigung ein. In dieser Zeit der dau-
politischen Konflikte ,insbesondere zwischen 1£3o und 185o .
alle geistigen Kräfte
ern den
wurd en
in Kassel mobilisiert Je nach ihrem
politischen Glaub^ensbekenntnis scharten sich in d’pn ’verschiedenen