Full text: Streiflichter auf das wirtschaftliche, geistige und gesellige Leben Kassels (Band 2)

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tischen Verwendbarkeit zur Besserung der wirtschaftlichen Lage sei 
ner Unterthanen . In diesem Zusammenhang hat man auch den Plan der 
Errichtung einer besonderen Vorbildungsanstalt für die'Universität 
zu beurteilen , der zur Gründung des Collegiums führte . Der Zwevk 
der neuen /nstalt war einen den modernen Anforderungen entsprechen 
den Vorbereitungskursus für das Universit tsstudium zu bieten • Erst 
in einem viel spateren Stadium hat dieses w Gymnasium illustre " >das 
von Anfang an keiheibe keine Ritterakademie sein sollte ,einen mehr 
aristokratischen Zuschnitt und seine Bildung einen weiteren Nahmen 
bekommen . ”...• 
Was aber eigentlich dem Landgrafen c srl vorschwebte ,war die Gründun, i 
einer Akademie für Kunst und Wissenschaft in Kassel ,zu deren Lei 
ter er den bedeutendsten Physiker der damaligen Zeit Lenys P a p i n 
berufen wollte . Wie imm Wirtschaftsleben ,so kannte auch auf dem Ge-I 
biete der Kunst und Wissenschaften Landgraf Karl seine hochfliegendei | 
Pläne nur im begrenzten Maße verwirklichen • Es fehlten ihm wohl docl J 
die grossen finanziellen Mittel ,deren er zur Durchführung seiner ed-1 
len wie idealen Absichten bedurft hätte . Über des -Landgrafen Karls 
gemeinschaftliche wissenschaftliche Arbeiten mit Denys Papin habe 
ich schon ananderer Stelle gesprochen . Als Papin Kassel verliess , 
waren es hauptsächlich die als Dozenten für das Collegium Carolinum .;j| 
gewonnenen Professoren Peter Wolfort und Lothar Zumbach — letzterer 
ein grosser Mathematiker und Astronom - mit denen er gemeinsam seiner i 
Wissens d-haftlichen Bestrebungen nachging und seine Studien betrieb. 
Prof. Zumbach ,der am Carolinum auch in Anatomie und Experimental 
physik dozierte ,war auch zugleich der Leiter der landgräflichen 
Sternwarte , die auf dem noch heute vorhandenen ,natürlich vielfach 
umgebauten Bellevueschlösschen eingerichtet wurde . Zumbach erfand 
auch eine grosse Anzahl astronomischer Instrumente , die der Kasseler 
Mechaniker J. A. Hergett ausführen musste . Landgraf Karl war wie 
seine Ahmen ,insbesondere der Landgraf Moritz ,aufrichtig bemüht, 
den Bildungsstand seines Volkes zu heben ,zumal das hessische Schul 
wesen sehr"im Argen lag und gerade die heranwachsende Jugend des A- 
dels intelectuell verwilderte ,ober weder beim Adel noch beim Volke 
fanden diese Bestrebungen den von den Landesherren immer wieder er 
hofften Widerhall. So verödete auch allmählich wiedrr das Collegium 
Carolinum, der Besuch liess bald nach der Gründung wesentlich nach 
,waa die Professoren Wolfart und Zumbach zu einer Eingabe an den Lancj 
grafen veranlasste ,worin u. A. gesagt wird ,dass die ” Studiosi »ditj 
sich in dem Collegio Physico Mathematico zware ahnfänglich sonder 
Zweiffel auss einer blossen ahngebohrenen Kuriosität häuffig genug 
eingefunden ,hernachsmahls aber wiederum ahngefangen haben ,sich mehJ 
und mehr zu verliehren . M Wissbegierige 2uhörer oder solche die 
nur durch Neugierde getiieben wurden ,fanden sich wo$l ein • Es fehl-jj 
te iedoch an festen Bestimmungen über die Aufnahme ,durch die man ei 
ne Auslese unter den Hörern hätte treffen und von den Hörsälen min 
derwertiges Material fernhalten können. Trotzdem wurde das Carolinum \ 
fast das ganze Jahrhundert erhalten und erlebte unter dem Landgrafen 
Fried£i€& !*• wieder einen grösseren Aufschwung »worauf noch an an 
derer Stelle zurüezukommen sein wird . Unter Landgraf Karl war das 
Hes^senland - was zu seinem Ruhme gesagt werden muss «*• eine Zufluchtil 
stätte für aufgeklärte Geister • So berief er u. A. nacJQ Marburg den 
grossen Philosophen Christian von Wolff ,den der tyrannische und in 
eeiat-i^^# Dingen sehr dogmatisch denkende König Friedrich Wilhelm I. 
von Preussen — da Wolff*s Lehren ihm nicht gelielen — aus Halle ver 
trieb . Binnen 24 Stunden musste der gelehrte die Stadt bei Strafe 
des Stranges verlassen. 
In die Regierungszeit des Landgrafen Wilhelm VII. fällt die Grün 
dung der berühmten Kasseler Gemäldegalerie . Als holländischer Gene 
ral und Gouverneur der ^’estuHg Maastricht hatte sich dieser Landgraf | 
dem allein der Ruhm für diese Schöpfung gebührt ,ein grosses Ver 
ständnis für die niederländische Malerei des 17 ten Jahrhunderts
	        
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