Full text: Streiflichter auf das wirtschaftliche, geistige und gesellige Leben Kassels (Band 2)

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wenn Bier ,-^aune Übermut und Humor die Stunde regierten ,nach Jahr 
zehnten nachzuzeichnen ,ist nicht so ganz einfach ,wie gern man sol 
che unvergesslichenStunden auch schildern möchte • Oft glaubte man 
.1 1 - ; A 
wirklich in eine MainzerKarnevalsSitzung hineingeraten zu sein.und- 
wenn ieh nicht irre - rinnt in Lewalter!s Adern mütterlicherseits 
Elan 
sich 
rtrug . Selbst wenn er schon schwer geladen 
hatte , bewahrte Lcarllter aber stets Haltung »wenn er auch in seinen 
Erzählungen oder Gesprächen schon etwas an Konzentrationsfähigkeit 
einbüsste ,aber w?e komisch er dann auch noch mit schwerer Zunge zu 
wirken wusste »demonstrierte eine der Wirklichkeit aogelauschte Ppi— 
sode ,die in einer anlässlich des 2o jährigen Stiftungsfestes der 
Pvunzel im ^ahre 19o4 herausgegebenen Pestzeitung geschildert ist . ; 
Der Pvunzeibürger Schang berichtet darin über das neue von ihm gele 
sene Buch : " Die beiden Harfenmädchen und der Fluch des ialten Gei 
gers ” So ähnlich/wie es in der ^'estzeitung wiedergegeben ist »konnte 
man ihn manchmal sprechen hören . > 
Hört mal ^eute ! Ich habe jetzt ein Buch gelesen ,ich sage »ein 
Buch »das ist ein Buch; Klotzig geradezu »ja von einem ,na »wie 
heisst der ^erl eigentlich »aber das müsst ihr lesen ! So was das 
muss man eben gelesen haben ,gelesenhaben muss man so etwas und der 
? erl heisst: - da wie heisst der £erl,das ist aber ganz egal . La ±t 
iegt was drin . Der Titel heisst "die beiden Flüche oder die Harfen- 
mädchentäes alten Geigers • Jtein » es heisst : Die verfluchten bei 
den alten Mädchenoder die Harfe des ^.eigkrs . Hein ; die beiden al 
ten vergeigtenMädchen oder der Fluch des Hgrfners , 1, ein die verharf-" 
ten Geiger oder die älten Mädchen der beiden Flüche !—Ach ihr stört 
mich bloss immer »so seid doch mal ruhig ! also : der Titel - s’aist 
zwar egal -aber also :die beiden Geiger oder das alte verfluchte 
Hartenmädchen»nein »es stimmt noch ni£ • Ja» so heisst*s : Die ver- 
geigten beiden Flüche oder die alten Harfen der Mädchen,na oder so 
ähnlich »Ja und ein £erl kommt darin vor ,na sch sage einfach ein 
Klotz • Er hat zwar hehon gesessen »aber das schadt nix »er is doch 
nen*K3iQtz! Und so aus dem ^eben raus »ganz egal wo . Der Kerl ist alt 
immer auf co’ner Hohen ^eiter »er ist i nämlich Schaufensterputzen— 
scheiber ,Schauscheibenpunzenfetzer ,tettpunzenscheisterschauber Na, 
Ihr wisst ja schon - Wer mich verstehen will der versteht mich und c|i 
die Anderen ja die können mich - mich mal zu Hause besuchen • Ja ,— 
Aber -Gewalter hatte auch seine A bende »wo ihn Bier und Dein n c* 
nicht ganz umnebelt hatten »wo ihn weniger Kampfstimmung beseelte 
und auch seine Angriffslust geringer war . Dann setzte er sich an3 
Klavier und phantasierte und wenn ich meinenim Sommer häufig bei mi: 
weilenden Bruder mit in die Pvunzel brachte »dann musste dieser 
Schubert - Schumann oder Franzlieder singen und Lewalter war höchst 
erfreut »wenn er ihn begleiten konnte ,insbesondere wenn mein Brude: 
das träumerisch —romantische "Ihr Bild " von Schubert "Ich.stand 
in dunklen Trö/umen .... " sang ,dannfcerf$oss Lewalter vielleicht 
in Erinnerung an ein einstiges eignes Liebeserlebnio —am Klavier 
in Wehmut und in Schmerz . Rührung überfiel ihn.und fast stets ent- 
rang sich die Thräne seinem Auge . Dann war in ihm ganz der tief mit! 
empfindende Künstler geweckt »aber nicht nur er sondern auch die an 
deren Pvunzelbürger und Gäöte lauschten gern der prächtigen empfin- 
dungsvollen ,ja meisterhaften. Liedgestaltung meines nun auch schon 
seit mehrernen °ahren verstorbenen Bruders . Dass man meine gelegen 
liehen Ge^ngsgaben als Ersatz für die meines nur selten in Kassel a 
wesenden Bunders willkommen hiess und mit Jyeifall. aufnahm »habe ich 
stets mit ^enugthuung empfunden # zumal als ich 
durch in ganz ge rin«
	        
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