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die schimmernden Flussläufe und die Pracht der Bergwälder , die sich
an ihren Ufern ausbreiten , hinschweift . Die ^ahn bleibt hoch in den
Bergen und beiden vielen Windungen die sie macht , entstehen immer
neue Blicke in das tiefe Thal , wo sich. Werra und Fulda zur Weser ver
einigen , Aus hohen Bäumen taucht auf der Landzunge zwischen den bei
den Flüssen das reizende liebe Nest hervor . So wie sich da plötzlich
diese kleine,von Strömen und Walöbergen umschlungene Stadt dem Blicke
erschliesst ,bietet sie ein unverfälscht trauliches Bild deutscher Hei
mat . Dos alte graue Schloss , die dichtgedrängten alten Steildächer ,
ya auEh die alten Wachttfc&teme , die einst ganz hochgefuhrt werden mußtei
um weithin die Wege beobachten zu können , werden sichtbar .Als der
grosse Weltenwanderer Alexander von Humboldt dieses herrliche waldum
rahmte Stadtkleinod zum ersten Male sah , bezeichnete er Münden als
eine der sieben am schönsten gelegenen Städte der Welt • Der für seine
Zeit sehr weit herumgekommene Goethe war auch ganz hingerissen von die
ser idyllischen Lage und als gründlicher Kenner der Antike fand er ,
um sein Entzücken in einem anschaulichem Worte zum AÜSdruck zu bringen >
gleich den treffenden Vergleich mit dem griechischen *’ ^'empe ", jenem
von den Alten geprieseiien Thal des ^eneios in Thessalien , das^ zwischen
Olymp und Ossa liegt . So war Munden für Goethe einfach das ” r Dempe "
Deutschlands ! Auch ein neuererdeutscher Dichter und Kenner der deut
schen Landschaft Rudolf Herzog formt den Eindruck , den Münden auf ihn
gemacht hat ,in Worte wie sie nur ein dichterisches Gemüt prägen kann*
" Wer hier rasten darf , dessen ganze Seele wird von dem wonnevollen
Bilde ausgefüllt sein , das sich vor seinen Blicken bereitet , von der
Dreifaltigkeit des Werrathaies •, des Fuldathaies , des Weserthaies .
Das ist die deutsche Landschaft ,v/ie sie ein Schwind malte • "•
Aber man ist auch überrascht , wenn man die Stadt selbst sieht . Die
steilgiebligen. bunten ^achwerkbauten der engen und winkligenStrassen
wirken ganz altertümlich und versetzen den Beschauer unversehens ins
späte Mittelalter , zumal wenn er vor den prächtigen alten,um 16o3 ent
standenen Rathause im Spätrenaissancestil steht und auch sein Blick
auf das ganz in der Nähe des Rathauses befindliche alte Schloss , der
einstigen Il esidenz der Herzoge von Braunschweig - Lüneburg fällt * Die
1584 vollendete St* Blasii Kirche mit den Grabdenkmälern der braun
schweigischen Herzoge Erich I und Wilhelm des Jüngeren sowie die Aegi—
dienkircha sind noch %eugen vergangener Jahrhunderte * An letzterer
Kirche entdecken wir Such den ^rabstein des im Jahre 1661 geborenen
und auf der Durchreise in Münden nach fünftägiger Krankheit am 11 Novb
1727 daselbst gestorbenen berühmten deutschen Wunderarfcfces Doctor Ei
senbart , des dreifachen Hofrates ! Der Grabstein verzeichnet gewissen
haft seine sämtlichen Titel und verkündet:
Alhir
Ruhet
In Gott
* Dr Weiland
Hochedle
Hocherfahrene
Weltberühmte
Herr, Herr
Joh, Andr. Eisenbart
ICöni. 1. Grossbritannischer
und Churfiirstl.
BraunschweigLüneburger
Privel ,i girte Landarzt %
wie auch
Kgl* Preussischer Rath
und
Hof Okuliste
v.
Magdeborg
geboren Anno 1661
gestorbenl727 11 Novb Aetatis
;
66 Jahr