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haus entleert und die wertvollen Palmen »die es bir&t * werden in
der Nähe desselben aufgestellt , um sie der weichen oommerluft auszu—
setzen . In diesem x eil des Parkes feeht man dann im Sommer geradezu
unter Palmen und man könnte wirklich meinen , sich in einem Parke
Brasiliens oder eines anderen tropischen Landstriches zu befinden .
Fast jeder Besucher von vVilhelmshÖhe wird selbst wenn ihm die Selten
heit der verschiedenen von mir erwähnten Baumarten nicht besonders
sufföllt , aber einer besonders schönen Baumgruppe , die vor dem i'reib
haus steht , staunende Bewunderung entgegenbringen . Hier wird er auch
von seinem etwaigen Begleiter über die Seltenheit dieser Bäume belehrt
denn wohl jeder Kasseler kennt diese einst von ihrem Landgrafen Frie-
dxfch II, nach Wilhelmshöhe aus China oder Japan gebrachten Fremdlinge,
Es sind drei zu einer Gruppe vereinigte stattliche Exemplare der in.
Deutschland nur selten vorkommenden Gingko Biloba . Ein meiner Gattin
und mir bekannt gewesener Naturforscher und Schriftsteller aus Nei
gung , der frühere Apotheker Dr h.c. Hermann Schelenz , der mehrere
Jahrzehnte in Kassel lebte , jetzt aber schon viele Jahre verstor
ben ist und aus der Heimatstadt meiner Frau aus Rendsburg stammte
bezw ▼ vorher dort lebte , ist geradezu der Historiker dieses.in un
seren ^egenden überaus seltenenBaumes geworden und ihm folge ich.im »
'Wesentlichen , wenn ich nun Näheres über diesen sonderbaren ” Heiliget
unter den Wilhelmshöher Baumkollegen berichten will . Schelenz nennt
ihn den>japanischen Heiligen im Park " . Zuerst brachte ein Arzt aus
Cemgo Engelbert Kämpfer , der in den Jahren 1685- 94 als holländische!
Schiffsarzt eine Forschungsreise nach Persien , Ostindien , ^eylon ,
Java und Japan machte , Kunde von dem in botanischer Hinsicht beson
ders intef sssnten Baumnach Europa • In Japan sollen diese Bäume bis
3o m. hoch werden und - was kaum glaublich erscheint - ein Alter bis
zu 2ooo Jahren erreichen • In apan und China sind x empelstätten von
diesen beinahe als heilig angesehenen Bäumen umgeoen • Die Baumgrup-
pe vor dem Treibhaus soll im Jahre 1781 gepflanzt sein , also wahr
scheinlich auch uititer dem Landgrafen Friedrich II. Was macht nun gera
de diesen Gingko Biloba so auffallend und interessant ? Las Auge des
f eschauers wird allein schon durch den prächtigen Wuchs der Bäume ge-
esselt . Steil^streben die mit Blättern buschig besetzten ^este in
die Höhe in einem grösserem Winkel>als man es sonst von Laubbaumen
gewohnt ist , denn , obwohl der Gingko den Koniferan zugeteilt wird>
trägt er - und hierin beruht seine botanische Seltenheit - statt Na
deln Blätter und erweckt so den gindruck eines richtigen Laubbaumes .
Gleichzeitig trägt er aber auch Rapfen und solllals Blätter und Zapfei
tragende Konifere der letzte noch lebende seiner Art sein • Interes
sant ist auch was Bölshhe in seiner •' Entwicklungsgeschichte der Na
tur " über diesen seltenen kaum sagt : «Obwohl ein.echter verwandter i
unserer laxuspflanzen kann der Gingko mit siinen lichtgrünün ,seltsam
doppellappigen Laubblättern kaum als Nadelholz bezeichnet werden und
nicht mit Unrecht glaubt man sich bei seinem Anblick über so.viele
Jährmillionen hinweg noch einmal in die ^eit versetzt , da die Gren
ze zwischen den zarten breiten ^del des Farnkrautes und der starren
N*adel der Konifere eine schwimmende war. ... ” Ich war früher immer
der Meinung , dass fast nur in dem Yy'ilhelmshöher Park diese Baummerk-
nirgenis in Deutschland . Dass
zuerst schon durch Schelenz , der
Goethehauses in Weimar ein Gingko
Würdigkeit
dies nicht
nachwies .
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zu finden ist und sonst
der Fall ist,erfuhr ich
dass auch im Garten des
stehen soll , den Goethe selbst aufgezogen hat . Es ist zu begreifen
lass gdrade G^othe , dessen "aturstudien sich bekanntlch auch auf die
Metamorphose der Pflanzen ]£§nzentriert#nund beigem sich schon der
Sntwicklungsgedanke regte (nämlich die Idee » dass aus einem zwei wer
äen d.i. aus einer tirform zwei divergierende Formenhervorgehen könn
ten ) diesem merkwürdig geformten Koniferenblatte ein ganz besonderes
Interesse zuwandte , das — wie wohl die wenigsten wissen dürften
sogar eine bei ihm durchaus verständliche dichterische Verklärung
in seinem westöstlichen Divan gefunden hat . An Suleika~Merianne von