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men . In seinem äusseren Auftreten hat er als alter Mann nicht sehi
fürstlich angemutet ,zumal ihm auch die Balggeschwulst am Halee »die
ihm den Spitznamen "SShwammbacken " beim Volke eintrug , stark ent
stellte . Auch Emil Ludwig Grimm schilderte in seinen Erinnerungen dei
Eindruck , den der alte Kurfürst auf ihn machte , als er im Jahre 181'
seinen Abschied erhalten hatte und sich im Schloss Bellevue beim Kur
fürsten abmetldete . Grimm wurde gleich vorgelassen " Der Kurfürst
sass - so schreibt er - an seinem Arbeitstisch in einem altmodischen
Uniformrock ,schwarzsammtenen Gamaschen bis über die Knie und der Zopi
hing über dem Sessel herunter . "
Vom Zopfe wollte sich nun einmal der alte Kurfürst nicht mehr trennen.
In der Abneigung gegen den Zopf , der für ihn nun einmal das Sinnbild
vergangener geiten war , sah er ein Zeichen sträflicher L'euerungssucir 4
In Preussen hatte man schon 18o7 beim Militär den Zopf entgültig abge*~*
schafft »nachdem andere Länder schon vorher zur Abschaffung der Solda
tenzöpfe geschritten waren .Uessen jedoch , das nach wie vor selbst
herrlich regiert wurde »behielt ihn nicht nur bei »nein »der Zopf fei
erte in diesem Lande sogar eine neue Renaissance , die noch sieben Ja)-
re bis zum Tode des Kurfürsten andauern sollte . Eine kurfürstliche
Order vom 2 Januar 1816 bestimmte nämlich :
"Die Hinterhaare werden bei den Leuten nicht mehr geschnitten und sol
len sobald wie möglich wieder wie sonst Zöpfe eingebunden werden
Bärte und Backenbärte ausser bei den Grenadieren waren natürlich ver
pönt . " Diejenigen Regimenter , welche zuerst nach meiner Order ange
zogen sein werden , erhalten auch zuerst meine Approbation und deren
Commandeurs wer en sich besonders recommandieren . " schloss die denk
würdige damals schon anachronistisch wirkende Ordre . Auch das Pudern
(für dieOffiziere allgemein , für die Mannschaften bei der Parade) wui
de wieder eingeführt . ^ei den Paraden besichtigte der Kurfürst fast
stets nicht nur die Vorderfront,sondern auch die Hinterfront der Trup
penaufstellung zwecks Untersuchung der Zöpfe . Es war dann auch begrei
lieh , dass man z. B. einen Kanonier , der infolge einer Krankheit al-*
le Haare verloren hatte und dem der Zopf »da er ja nicht geflochten we
den konnte, an einem ^and an den Kopf gehängt wurde »bei Paraden liebe'
zuHause liess. Mit solchen Schrullen schädigte der Kurfürst seinen Ruf
und setzte sich insbesondere dem Gespött der jüngeren Generation aus.
Die Göttinger Studenten kamen nach Kassel »um die historischen Zöpfe
zu sehen und zu verulken . Beim Wartburgfest 1817 erfolgte sogar eine
von den Studenten veranlasste feierliche Berbrennungües hessischen Zop
fes in effigie . Obwohl der Kurfürst hiervon erfuhr und indigniert da
rüber war »liess er keine xt emedur eintreten .
Mit einem Besuch um Gehaltserhöhung »das 1816 wieder sämtliche kurhess
sehen Offiziere (mit Ausnahme von dreien )beim Kurfürsten einreichtenj
hatten diese seinen Zorn heraufbeschworen ,der nur dadurch besänftigt
werden konnte , dass die drei an der Spitze der Bewegung gestandenen
Offiziere schleunigst um ihren Abschied einkamen . Aber die drei Offi
ziere , die seih ausgeschlossen hatten und denen der Spitznamen »"die
heiligen drei Könige " von ihren Kamaraden beigelegt wurde »konnten si
sich vor diesen nicht halten und mussten wohl oder übel auch ihren Ab
schied nehmen .
Die unglückliche Ehe des Kurprinzen mit Auguste von Preussen verbitter
ten dem alten Kurfürsten die letzten Lebensjhhre • Die Kurprinzessin
war ihrem Gatten »der nur über eine sehr obefflächliche Bildung ver
fügte , geistig weit überlegen und da sie ihm oft ihre geistige Überle
genheit zeigte , reizte sie den ohnedies sehr jähzornigen Mann schlies,
lieh zu maßloser Wut. Bei ihrem Schwiegervater musste schliesslich die
Kurprinzes3in Schutz suchen,als es am 22 August 1815 zu einem sehr hef
tigen Zusammenstoss zwischen den Eheleuten kam. Mit gezogenem Degen
war der Kurprinz auf seine ^attin losgegangen und nur das Dazwischen-