Full text: Meine Kasseler Zeit (Band 1)

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verwandten Steine . Hinter der Stadthalle auf dem Aschrottplatze ent 
standen schöne Grünanlagen und üannweiter nach Kirchditmold zu ganze 
Villenstrassen mit schmückenden Gartenanlagen sowie Siedlungsbauten, 
Fast die ganze verlängerte Herkulesstrasse sowie die zum Aschrottpark 
führenden Strassen sind inzwischenin einem fast einheitlich gehaltener 
Stile bebaut worden . Und zwischen der Ai erkules -und Kaiserstrasse 
ist das von dem Druselbach durchflossene ,nicht gerade diesem Stadt 
teile früher zur Ziedex gereichende tiefliegende ^errain aufgefüllt 
worden ,nachdem der Druselbach selbst in einem unterirdischen Kanal 
gefasst wurde . Die so gewonnene Fläche ist dann zwischen den Wohnung^ 
bauten der verlängerten Kaiser- und Herkulesstrasse in eine Grünanlag« 
von weiten Dimensionen, die den Namen Goetheanlage erhielt ,umgeschaf- 
jfen wordem* Einen wirkungsvollen Abschluss findet diese Anlage in der 
in ihrem Hintergründe sich erhebende ^von Sessenow gebauten neuen Äa'l- 
vidaSchule,die ftetzt in Heinrich Schütz Schule umbänonnt wurde . Der 
freie Ausblick ,den man von dieser Anlage auf den ^abichtswald ge- 
niesst , sichert auch diesem neuen Stadtteile jene N a turverbundenheit 
die so kennzeichnend für viele Stellen der Stadt ist und die siel 
selbst in der Stadtmitte in höchster Steigerung offenbart .Neuerdings 
hat auch in diesem westlichen Teile der Stadt das Stadtbild zwischen < 
dem Aschrottpark und der Wilhelmshöher Allee eine völlige Veränderung, 
aber auch eine erhebliche Verschönerung erfahren , durch das neuerric'i 
tete Generalkommando , einem eböuöekomplex von gewaltigen Abmessunge] 
gen und prachtvoller Monumentalität. 
So hat dieses noch vor Jahren recht öde anmutende Weststedtaussen- 
viertel jetzt wirklich ein prächtiges Jewand angelegt . 
ffeich * grundlegenden Veränderungen sind überhaupt im Laufe der letz 
ten drei Jahrzehnte im Strassen-und v erkehrsbild wie in allen grös 
seren Staaten so auch önKassel ein^et.eten . Als ich anfangs 1899, 
’ilso im letzten Jahre des ausgehenden Jahrhunderts nach Kassel kam , 
sah ich noch die schon im Jahre 1877 gegründete Dampfstrassenbahn 
nach Vilhelmshöhe neben den bereits entstandenen electrischen Stras- 
senbahnen . Da mutete die erst im Jefeie 1897 geschaffene Pferdebahn 
nach Wolfsenger , die noch tapfer eine ^eitlang neben den moderneren 
Verkehrsmitteln dahertrottete »beinahe vorweltlich an . Inzwisch 
ist nun die Motorisierung ifner weiter fortgeschritten und wenn nicht 
in dem wiödererstandenen deutschen Heere das Pferd seine frühere Be 
deutung zurückgewonnen hätte , würde es in grösseren Städten bald nu 
noch in naturhistorischen Museen zu finden sein . Wie zur "ahrhudert 
wende das Auto fast noch eine Kuriosität wer , ro beherrscht es seit 
vielen Jahren beinahe ausschliesslich die Strassen . Die ganz wenige 
Kasoelaner , die vielleicht noch die Kurfürstenzeit erlebt haben , 
mögen manchmal Vergleiche anstellen . Wie mannigfaltig und bunt be 
lebt war doch das Bild ,das an schönen Sonntagen der nach Wilhelmshc- 
he führende “auptweg bot . Da sah man die wanderlustigen Kasselan-r 
fröhlich feineue marschieren , Droschken und Privatwagen in langen Rei 
hen vorbeirollen , dazwisdfeen erblickte man Hofequipagen »dann sprer 
ten legante Heiter vorüber lind der ganze sonntägliche Ausflugsver 
kehr erhielt dadurch ein vornehmes Jepräge , das sicherst recht ste: 
gerte , wenn der kurfürstliche Wagen mitdem weitberühmten Isabellen- 
Sechsgespamnmit den Vorrcitem dahergebraust kam . Ja, noch zu der 
$eit als ich nach Kassel kam , also vor 4o fahren wurde die alte 
Kurfürstenherrlichkeit von manchem Kasseloner der älteren Jeneratio 
hoch gepriesen und viel von ihr gesprochen ,insbeeonder£von solchen^ 
die sich mit dem preussischen Regime nie aussöhnen konnten noch wo 
ten und die es auch nie verschmerzem ! ':konntep fc> dass Kassel als Provin- 
zialhau^tstndt fast ganz den Charakter als Residenz eingebüsst hat 
te. Andere wieder erkannten rückhaltlos an 7 dass erst noch 1866
	        
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