Full text: Waldeck-Pyrmont'er Strafrecht

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1855 
§. 9. Das Pfandgeld vertritt die Stelle des Schadenersatzes. Erachtet jedoch 
der Beschädigte dasselbe hierzu nicht für genügend, so steht ihm frei, 
statt des Pfandgeldes die Ermittelung und den vollen Ersatz des Schadens 
zu fordern. 
tz. 10. Das Pfandgeld ist in jedem einzelnen Falle nur einmal zu erlegen, 
selbst alsdann, wenn durch den Uebertritt des Viehes auf ein Grundstück 
mehrere Personen, z. B. der Besitzer und ein Nutzungsberechtigter, in 
ihren Rechten verletzt worden sind, oder wenn sich der Uebertritt zugleich 
auf mehrere Grundstücke verschiedener Besitzer erstreckt hat. 
§. 12. Wer vorsätzlich unbefugterweise Vieh auf einem fremden Grundstücke 
hütet, ist nicht nur zur Erlegung des Pfandgeldes und zum Schaden 
ersätze nach den vorstehenden Bestimmungen verbunden, sondern soll 
überdies mit Geldbuße von 15 Sgr. bis zu 20 Thalern bestraft werden. 
Die verwirkte Strafe ist zu verdoppeln, wenn der Frevel zur Nacht 
zeit (§§. 25, 26) oder an Sonn- und Festtagen verübt wird. 
Ist das vorsätzliche Behüten fremder Grundstücke ans Rache oder 
Bosheit unternommen, so tritt die in den Kriminalgesetzen bestimmte 
strengere Ahndung ein. 
ß. 13. Läßt der zur Beaufsichtigung des Viehes bestellte, an sich tüchtige Hirte 
dasselbe unbeaufsichtigt gehen, oder überträgt er die Aufsicht einer hierzu 
untüchtigen Person, so trifft ihn eine Geldstrafe von zehn Sgr. bis zu 
drei Thalern. 
s. 14. Wenn das unter der Aufsicht eines an sich tüchtigen Hirten sich be 
findende Vieh durch einen unabwendbaren Zufall zu dem Uebertritt auf 
ein fremdes Grundstück veranlaßt worden ist, so kann weder Pfandgeld 
noch Schadenersatz dafür gefordert werden; doch bleibt der Beschädigte 
zu dieser Forderung berechtigt, wenn der Hirte von jenem Zufalle 
nicht binnen 24 Stunden entweder ihm, dem Beschädigten, oder der Orts 
polizeibehörde Anzeige gemacht hat. 
tz. 15. Ist der Uebertritt des Viehes auf ein fremdes Grundstück von dem an 
sich tüchtigen Hirten verschuldet, so hängt es von der Wahl des Be 
schädigten ab, ob er sich wegen des Psandgeldes und Schadenersatzes 
an den Hirten, oder an den Besitzer des Viehes halten will. Thut er 
das Letztere, so bleibt dem Besitzer des Viehes der Regreß gegen den 
Hirten vorbehalten. 
§. 16. Außerdem soll in den Fällen des 8. 15 der Hirte, wenn er vorsätzlich 
das Vieh auf das fremde Grundstück getrieben hat, mit der im 8- 12 
bestimmten Strafe belegt, wenn ihm aber nur eine Vernachlässigung der 
Aufsicht über das Vieh zur Last fällt, mit Geldbuße von 10 Sgr. bis 
zu 3 Thalern bestraft werden. 
Auch kann der Hirte schon wegen einer solchen Vernachlässigung von 
seinem Herrn des Dienstes sofort entlassen werden. 
Liegt eine wiederholte vorsätzliche Uebertretnng vor, so ist der 
Herr zur Entlassung des Hirten auf Verlangen des Beschädigten durch 
den Kreisrath anzuhalten. 
8- 17. Was in den 88- 2—16 verordnet worden, findet auch auf gemeinschaft 
liche Heerden und deren Hirten Anwendung. 
8. 21. Jeder Theilnehmer eines gemeinschaftlichen Hütnngsrechts ist bei dessen 
Ausübung verpflichtet, sein Vieh dem gemeinschaftlichen Hirten vorzu 
treiben'und von diesem hüten zu lassen, sofern ihm nicht das Recht, eine 
besondere Heerde auf die gemeinschaftliche Weide zu treiben, herkömmlich 
oder vermöge besonderen Rechtstitels zusteht. 
Das Elnzelhüten ans Wiesen ist dem Eigenthümer derselben resp. 
dessen Stellvertreter gestattet, auf denjenigen Wiesen, welche dem all
	        
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