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F. M. Feldhaus y,
Heidelberg. 885 .
Ueber die wichtigsten Probleme der Menschheit
Ein Vortrag,
zuerst gehalten im Jahre 1891, zuerst abgedruckt im „Volkserzieher", in der
„Kritik" und anderer Leitungen im Jahre 1899.
Nachdruck nur mit Genehmigung des Verfassers gestattet.
M o tt o : Wer sich auf auSgetret nem Gleis bewegt
Und mir Alltägliches erwägt unb pflegt,
äßefp Horizont nur eine Spanne mißt
Und ew’geg Dunkel ihm dahinter ist:
Dem wird sein Ziel nicht schwer erreichbar sein,
Ganz leicht Set>rt er in feinen Hafen ein.
Doch wessen ©eift in ew’ge fernen bringt,
Wer alle ird’ischen Schranken überspringt,
Wer neue Sahnen bricht im gprfchunggmalb,
Stuf ew’ge Siele fehnenb uorwärtg wallt:
Der wird gekreuzigt meist von hinnen gehn; —
Sein Lohn wird ihm in fernen Himmelshöhe. —
Dost.
Wer, so wie ich, erst im Alter von 17 Jahren, also in der Zeit der
glühenden Jugendideale, zum ersten Mal in feinem Leben hat einen
Eisenbahnzug daherbrausen sehen, den wird wohl ebenfo tuie ntief) biefer
Moment so unmittelbarer Erkenntnis menschlicher Erfindungskraft mit einer
Art Stolz auf unser Jahrhundert ber Erfindungen und mit mancherlei Be=
trachtungen über einst und jetzt erfüllt haben. —
Speziell über bas Reifen im vorigen Jahrhundert schreibt Gustav
Freytag in seinen „Bildern aus der deutschen Vergangenheit" folgendes:
,, Die gewöhnliche Landpost ist ein sehr langsames, unhilfliches Be=
förderungsmittel, ihr Schneckengang ist noch fünfzig Jahre später berüchtigt;
ilunftftrafjeit giebt es nirgends in Deutschland, erst nach dem fiebcitjäbrigen
Kriege werden die ersten Chausseen gebaut, auch diese fcljlecht ec. Jüttf
beeilen den Tag, zwei Stunden die Meile, scheint der gewöhnliche Fort-
schritt gewesen zu sein ic. Als im Juli des Jahres, welches hier geschildert
wird, klopft oc! mit Gleim in leichtem Wagen, burch vier Pferde gesogen,
uon ^mlberftabt nach Magdeburg sechs Meilen in sechs Stunden fuhr, fand
er bie Schnelligkeit fo außerordentlich bah er fie mit bent SBcttlauf bcr
olpmpifchen Spiele Perglich u, f. m. Im Jahre 1764 war beit Sbaun obera nerrt
merkwürdig daß ihre ©efanbtfcbaft gur ßaiferfröttung troig ber fdjlechten
SBege ohne allen Schaben, Untmerfen unb Veiitbrttch* nach fsranffurt a. fö?.
burchgebrungeu mar, nur eilte Achse war zerbrochen. — So ist bie Reise
ein wohl zu überlegendes Unternehmen, melcheS fchmerlich ohne längere
Vorbereitungen burebgefübrt wird" u. s. w.
So Gustav Freytag in feilten Vilbcrn aus bcr beutfehen Vergangenheit!
Was mürben nun nufere Reise aus bent Porigen Jahrhundert,
mit ihren entsetzlich schwerfälligen Verkehrsmitteln, für Augen machen,
könnten sie aus ihren Gräbern auferstehen und die Wunder der Erfindungen
heute sehen! —
Würden sie es unserer bloßen Mittheilung glauben, daß man mittelst
der Telegraphie sich Hott Europa aus mit Jemanden in Amerika ebenso
schnell verständigen könne, wie mit Sentanbem in bcmfelben Zimmer? mürben
sie es für möglich halten, daß man mittelft des Telephone ohne Zeitverlust
in London die wohlbekannte Stimme seines Freundes, der in Paris weilt,