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Zur Montage des Luftschiffes wird eine Ballonhalle erbaut, in welcher der
Ballon auch schon mit Gas gefüllt, alles zur Auffahrt bereit gemacht und das
richtige Functioniren aller Theile erprobt wird. Das Dach der Halle, dessen
halbe Breite nur 9 Meter beträgt, lässt sich in ähnlicher Weise, wie die Klappen
der Schiffsbrücken aufziehen, so dass das Luftschiff an einem windstillen Tage
ohne Gefahr aus der Halle aufsteigen kann. Die Höhe der Halle über dem
Boden beträgt 50 Meter; sie ist also etwa so hoch, wie das Berliner Rathhaus,
(ohne Turm) und nur den sechsten Theil so hoch, wie der Eifelturm.
Die Kosten eines Modells belaufen sich etwa auf 500,000 bis 1,000,000 Mark.
Das theuerste Kriegsschiff der deutschen Marine kostet 10 Millionen Mark: aber
die ganze deutsche Marine, die hunderte von Millionen kostet, vermöchte im
Kriege nicht das zu leisten, was ein lenkbares Luftschiff mit Leichtigkeit zu
leisten im Stande ist. Ich bemerke noch, dass nur die erste Ausführung eines
Luftschiffes sich so theuer stellt; zu weiteren Schiffsbauten könnte z. B. schon
dieselbe Ballonhalle zur Montage benutzt werden, ferner alle für den Bau ein
gerichteten Maschinerien etc.
Das Weltenfahrzeug (s. S. 62).
Von einer Patentirung dieser Erfindung ist vorläufig deshalb Abstand genommen
worden, weil sie voraussichtlich in der kurzen Zeit von 15 Jahren kaum zur gewerb
lichen Ausnutzung kommen dürfte; in dieser Zeit würde aber das Patent abgelaufen
sein. Einige wichtige technische Details bleiben dem Erfinder immer noch für eine
spätere Patentanmeldung Vorbehalten.
Nähere Erläuterungen enthält der Vortrag zu Eingang dieses Buches, S. 6—15.
So phantastisch diese Erfindung auch erscheinen mag, so ist sie doch ganz
wissenschaftlich nüchtern ausgedacht, und bei mathematischen, physikalischen und
mechanischen Beweisen hört die Phantasterei auf.
Im luftleeren Raum geht nämlich ebenso wenig wie sonst wo, eine zweckmässig
angewandte Arbeit spurlos verloren. Die Arbeit wird in der Weise geleistet, dass
durch eine besonders construirte _Dynamitpatrone ein kleines Geschoss von einem
grösseren Stahlblock aus weggeschleudert wird. Erlangt das kleine Geschoss durch
die Explosion eine Anfangsgeschwindigkeit von etwa 1000 m in 1 Sekunde, so erlangt
der darüber befindliche Stahlblock entsprechend seiner grösseren Masse nur eine solche
von etwa 50 m pro Sekunde. An diesem Block nun ist die cylindrische Stahlgondel
mit sehr elastischen Verbindungsgliedern befestigt, durch welche sie nur in allmählicher
Beschleunigung ohne Stösse mit einer Endgeschwindigkeit von vielleicht 20 m in Be
wegung gesetzt wird, bis die lebendige Kraft des Blockes, welcher gleichsam hier die
Rolle eines Schwungrades übernimmt, erschöpft ist, worauf eine neue Explosion auto
matisch erfolgt, welche die durch die erste Explosion erlangte Fahrgeschwindigkeit
verdoppelt. So viel Explosionen also erfolgt sind, so viel mal grösser ist die Fahr
geschwindigkeit des Fahrzeuges, so dass dasselbe sich etwa mit der doppelten Be
schleunigung eines fallenden Körpers bewegt. Die Lenkung wird durch Neigung des
oberen Stahlblockes bewirkt. Lenkt man das Fahrzeug nun ausserhalb der Atmosphäre
in die Bahn eines die Erde umkreisenden Meteors, so bewegt es sich ohne weitere
Explosionen und ohne alle Arbeitsverluste mit der einmal erlangten Fahrgeschwindig
keit in einer kreisförmigen oder elliptischen Bahn weiter und erreicht in wenigen
Stunden einen anderen Erdtheil, wo es zwecks Landung umgewendet wird, um nun
durch entgegengesetzt wirkende Explosionen das Fahrzeug anzuhalten. Die Gondel
enthält selbstverständlich die zum Atlimen erforderliche Luft wie ein Unterseebot
vorrätliig und wird durch die von den Explosionen erzeugte Wärme und durch innere
Ausfütterung in einer angemessenen Temperatur erhalten.
Stimmen der Presse über den lenkbaren Ballon.
Ueber die Ganswindt’schen Luftfahrzeuge ist in allen Zeitungen noch öfter
und umfangreicher, als über seine anderen Erfindungen berichtet worden; die Aus
wahl daraus muss hier also noch mehr eingeschränkt werden.
Das Berliner Fremdenblatt vom 2. Dezember 1883: (Zur Lösung des Problems
der Luftschifffahrt.) Wie uns eine Zuschrift mittheilt, ist dem Kesseler’schen Patent
bureau in der Königgrätzerstrasse von einem Hermann Ganswindt zur Erwerbung