97
•des „Figaro“ (5. Sept. 1884). Man vergleiche nun hiermit die Ganswindt’sche
Patentschrift welche diese vom „Figaro“ erwähnte Lehre schon 1883 nach Paris
getragen hat und deren erster Satz folgendermassen lautet:
„Die Construction dieses lenkbaren Luftschiffes gründet sich darauf, dass
hei dem grösseren von zwei ähnlichen Ballons das Verhältniss der Tragkraft zum
Querschnitt, also auch nahezu das Verhältniss der transportablen Maschinenlast
zum Widerstand der Luft sich um das Vielfache, um welches er den kleineren an
Durchmesser übertrifft, günstiger gestaltet, so dass einem ausserordentlich grossen
Ballon durch Maschinenkraft eine Eigengeschwindigkeit gegeben werden kann,
welche grösser als die starker Luftströmungen ist.“ Also dieser Ganswindt’sche
Satz war es, der die Lehre der französischen Lehrbücher umstiess, während hier
in seinem Vaterland die Prüfung seiner Broschüre, vom 16. Juli 1884 datirt, von
allen Behörden abgelehnt wurde, bis seine Kaiserliche und Königliche Hoheit
der Kronprinz dem Kriegsministerium Prüfung der Broschüre anbefahl, wie auch
die Schlussanmerkung der eben verlesenen Zeitung erwähnt. Obgleich diese
Prüfung nichts Stichhaltigeres gegen Ganswindt's Projekt, als Schwierigkeiten
und Kosten ergab, wurde die Ausführung dieser Erfindung abgelehnt; während
Frankreich nach Kenntnissnahme auch dieser Ganswind’schen Schrift alsbald
Millionen für Luftschifffahrt bewilligte. Es ist ja eine bekannte Thatsache: Der
Prophet gilt nicht in seinem Vaterland.
Wenn nun auch das französische Ballondetachement nach der Anregung
durch die Ganswindt’schen Schriften bei seinen Versuchen zum Theil eigene
Wege wandelt, und der Erfolg daher vielleicht nicht in dem Masse gesichert
erscheint, als wenn der Erfinder selbst seine Erfindung ausführt, so ist die Specu-
lation auf das Misslingen der Versuche unserer findigen Nachbarn doch mindestens
eine trügerische, u. s. w.
Es wird jedoch noch der Erfinder, Herr Ganswindt seit st, uns in einem
Vortrag seine Erfindung erläutern, ich ertheile demselben hiermit das Wort:
Vortrag des Erfinders
über seine
Erfindung des lenkbaren Ballons,
gekürzt und verbessert.
Archimedes lief einst, wie berichtet wird, vor Begeisterung der Wirklich
keit entrückt, durch die Strassen von Syrakus und rief den Leuten in unbändiger
Freude zu: „Ich hab’s gefunden!“ „Ich hab’s gefunden!“ —
„Was hatte er denn gefunden, das diesen ernsten Forscher in solche Be
geisterung versetzte? — Einen einfachen physikalischen Satz, den man noch heute
nach ihm das archimedische Princip nennt. Es ist dieses das hydrostatische Ge
setz, welches das Schwimmen der Körper im Wasser bestimmt; also ganz analog
dom aerostatischen Gesetz, welches das Schwimmen der Körper, in diesem Falle
der Ballons, in der Luft bestimmt!
Wir nun, die wir die glänzendste Nutzanwendung des archimedischen
Prinzips, nämlich die Luftschifffahrt, das Ideal aller Völker und aller Zeiten er
streben, haben also noch mehr Veranlassung, als Archimedes, uns mit Begeisterung
diesem Problem hinzugeben, dessen Lösung ich gefunden habe, und in alle Welt
auszurufen: „Ich hab's gefunden!“
Mein Vortrag kann nicht den Zweck haben, die Construction meines lenk
baren Luftschiffes erschöpfend und überzeugend darzulegen; ich stelle ganz andere
Anforderungen an den Begriff Ueberzeugung; diese kann nur durch ein er
schöpfendes Studium entstehen, im Gegensatz zum Anhören eines Vortrages. —
Vielmehr nur meine Erfindung anschaulich zu machen, kann der Zweck dieses
Vortrages sein.
Was ist eine Erfindung?