Full text: Festschrift zum Deutschen Tag in Kassel am 31. Mai bis 1. Juni 1924

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... „Du weißt den weg nach jenem Land,' sag ja! 
Dann ist das ferne fremde Land so nah, 
Dann singt der Vogel nimmermehr von Tod . 
Und Not, dann blühen alle Blumen rot, so rot, so rosenrot." 
Durch die lönsschen Gedichte, die ich bisher nannte, geht ein sanfter 
Faden von Lebensverneinung und ein Spielen mit Todesgedanken. 
Schon in den Liedern des Primaners und greifswalder Studenten „zieht 
ein schlummersüßer Hauch leis um seine dunkle Seele". Sehnsüchtige 
Weisen umklingen so manche Verse aus dem „Goldenen Buch"' aber 
auch frohe Augen sehen draus hervor, und eiserne Arme schrieben das 
„Blaue Buch" mit der für Löns so bezeichnenden Ballade „Gericht". 
Der Mörder darin ist ein Mann wie all die andern in lönsschen Dichtungen 
er fragt Gott: 
...„Das nennst du Recht? 
was schufest du zum Herren mich, 
Und machtest mich zum Knecht?" 
und antwortet dann: 
„Du trägst allein die Schuld' 
Du gabst mir zuviel Leidenschaft 
Und nicht genug Geduld."... 
So mußte Löns ein Volkslieddichter werden, denn auch das Volkslied 
ist „himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt" — auch aus dem 
Grunde, weil alle seine Dichtungen zutiefst und zuinnerst etwas Volkshaftes 
haben. Drum mußte der Dichter 113 ausgesprochene Volkslieder 
schaffen, die er im „Kleinen Rosengarten" gesammelt und in etwa zwei 
Wochen niedergeschrieben hat. Sie sollen ihm zugeflogen sein — wer 
weiß, woher? von welchen Seelen? ... Sie waren in dem Dichter und 
er sang sie hinaus. Löns lebte und webte im Volke und im Volkstum. 
In seiner Selbstbiographie erzählt er manches, das diese Behauptung 
unterstützt. 
Hang zur Einsamkeit, Durchstreifen von Heide, Moor und Wald, 
Jagen, Fischen und Sammeln — diese Überschriften muß man über 
des Dichters deutsch-kroner Jugendzeit setzen. „Schon damals war ich 
der Heide angeschworen." Und über sein Volk schreibt er: „Leben muß 
man darin, ganz darin aufgehen, sich als eins mit seinem Volke fühlen, 
um etwas so Großes zu schaffen, wie es Jeremias Gotthelf glückte." 
Aber erst als der Vater wieder nach Münster versetzt worden war, 
erwachte in dem Primaner das wahrhaft-starke Niedersachsenblut, das
	        
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