Full text: Festschrift zum Deutschen Tag in Kassel am 31. Mai bis 1. Juni 1924

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erlitten, aber auch einigen Zuwachs an wertvollen Frühdrucken aus 
den eingezogenen westfälischen Klöstern erfahren. 
1831 ist die Bibliothek auf Grund der hessischen Verfassung Eigen- 
tum des Landes geworden. 1869 ist sie von der preußischen Staats- 
regierung dem hessischen Kommunalverband überwiesen, der heute noch 
in gewisser Weise in Gestalt des Landesausschusses für ihre Unter- 
haltungskosten zu sorgen hat. In erster Linie sammelt die Bibliothek 
alle Gesamthessen betreffende Literatur, daneben werden dann haupt- 
sächlich Welt- und Menschheitsgeschichte überhaupt, Literatur- und 
Kunstwissenschaft, Philologie und Geographie berücksichtigt. Mit zahl- 
reichen Akademien und Hochschulen besteht Schriftenaustausch. Bls ein 
bedeutsames Ruhmesblatt in den Annalen der Bibliothek gilt die Tätig- 
keit der Gebrüder Grimm, die durch viele Jahre die Bücherbestände 
verwalteten, vermehrten und durch ihr Studium nutzbar machten. 
Der gesamte klassizistische dreiflügelige Bau des Museum Frideri- 
cianum aus den Jahren 1769—79 mit dem in westfälischer Zeit an- 
gesetzten halbrunden Mittelstück, das für die Tagung der Stände be- 
stimmt war, wurde der Bibliotheksverwaltung zur alleinigen Verwen- 
dung erst 1913 überwiesen. Solange hatte sie sich mit einem Teil der 
Räume im Oberstock zufrieden geben müssen. Jetzt wurde ein vor- 
nehmer und geschmackvoller Lese- und Arbeitssaal geschaffen mit einer 
umfangreichen Handbibliothek, Zeitschriftenschau, Zeitungen u. a., ferner 
mit schönen Bronzeabgüssen (ebensolche auch im Vorraum, wo außerdem 
noch vier charakteristische Alabasterhochreliefs aus dem alten Land- 
grafenschlosse aufgestellt sind). Ein Vortragssaal (mit den beachtens- 
werten Nachbildungen der vatikanischen Fresken des Raffael, einem 
Wunderwerk der Wandmalerei) steht zur Verfügung. Sehenswert ist 
der große Bibliothekssaal, über dessen Boden die Mittagslinie von 
Kassel in Gestalt eines Messingstreifens umgeben von Sternbildern läuft, 
der sich in seiner gesamten Länge über die ganze Vorderfront erstreckt 
und als einer der größten Bibliothekssäle Deutschlands zugleich die 
Saalbibliothek des 18. Jahrhunderts veranschaulicht, ferner ein Grimm- 
Gedächtniszimmer mit zahlreichen Erinnerungsstücken sowie das Innere 
und der Fernblick des Zwehrenturmes. Geöffnet ist die Bibliothek vor- 
mittags 9—1 Uhr und nachmittags (außer Sonnabends) 4—7 Uhr an 
den Wochentagen. 
Die Murhardsche Bibliothek ist eine Stiftung der Gebrüder 
Friedrich und Karl Murhard, die sie der Stadt Kassel durch Testament 
übergaben. Sie wird von den städtischen Körperschaften verwaltet.
	        
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