Full text: Abschriften aus Tagebuchnotizen (Typoskript)

Mozarts Thema ist die Liebe: Im Don Giovanni ein Extrem, ein 
ein Heros der iebe; die andern Gestalten hier nur in Bezie= 
hung auf ihn zu sehen, zu denken; im Figaro keine Extreme, 
sondern wahre Bilder der Liebe, Typen, alle Alter der Liebe: 
Cherubino "d.*amore", Figaro mit seinem Susannchen, Susanna 
"mit Rosen"; und nun absteigend: die Gräfin ohne ihren Grafen 
der Graf; in der Zauberflöte die Religion "...wir heissens 
fromm sein -" 
, 
Von einem Detail zur Ergreifung des Ganzen (s.S.28), das ist 
3<?eben meine Art in vielem; anfangs intensiv - nachher allge= 
mein und oberflächlich. Leo gefällt das nicht, ich aber kanns 
und wills nicht ändern. - 
Das TJniversalitätsstreben plagt mich nicht mehr; ich glaube 
nicht weil es weg wäre, sondern weil es sich ganz bei mir 
eingewohnt hat, weil es mir wesentlich geworden ist. 
Ein Rousse u von heute: Tolstoi. Aber Rousseau hat über sein 
Land hinaus revolutionierend gewirkt; vor Tolstoi stehen wir 
wie vor einem aus einer fremden, ewig unverständlichen Welt, 
wir empfinden eben heute historisch; unser letzter grosser 
Prophet, Nietzsche, hat uns als wirksamstes Wort eine Ansicht 
der Menschengeschichte gegeben: das Christentum der "Sklaven= 
aufstand in der Moral"; und aus dieser Geschichtsauffassung 
heraus erwächst ihm die ethische Forderung: der "Uebermensch" 
- der ein Kulturziel sein soll; - wir leugnen nicht mehr die 
Kultur, wir leugnen xxs&fc nur die schädlichen Elemente dieser 
Kultur, wir leiten sie kulturgeschichtlich aus einem, aus 
dem Gegensa z gegen die wahre, besser: schöne Tendenz der 
Kultur ab, aus dem Demokratismus. 
'hZ Eine starke Persönlichkeit kann nie in der Demokratie leben, 
er wird stets Führer, Agitator, Demagoge sein müssen; sonst 
müsste er ersticken, oder zerbrechen. Aber indem er Führer 
wird, ist er nicht mehr Demokrat; und es wird von ihm stets 
heissen wi von dem grossen "Demokraten" Perikies: Er herrsch 
te über das Volk, und wurde nicht vom Voll^ geleitet. Kurz: 
wahrhaft demokratisch leben können nur Schwächlinge, Kleine, 
Philister und Sklaven.
	        
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