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mögen wir auf jede Weise Rücksicht tragen, wenn wir
die Besänftigung des göttlichen Zornes und die Ruhe
des Reichs begehren.— Jene Vorwürfe aber der Gegen
partei, seien sie auch noch mit so feindlicher Feder vor
gebracht, sollen, achte ich, aufrichtig unterschieden wer
den. Denn entweder ist das Vorgeworfene von der Art,
daß es durch heilige Schrift und älteste Lehren der Väter
entschuldigt und vertheidigt werden kann, wider alle An
griffe aller Sekten; — oder es gehört zu jener Klasse
von Dingen, welche kaum jemals vor Gott und offener
Versammlung der Rechtgläubigen gebührend erwiesen
und behauptet werden können. Welcher Weg also wäre
zur gründlichen und dieser Zeit nöthigen Wiedererbauung
des Christenthums besser, als jenes zu behaupten, dieses
zu verbessernd Woraus hervorgeht, daß der Hauptpunkt
dieses bischöflichen Geschäftes in zwei Dingen besteht,
nämlich, daß sie das Bewährte behalten, und das Un
entschuldbare zu Grunde gehen lassen. Und kurz: Unsere
Hirten haben das Gesetz und die Propheten, die Evan
gelisten und Apostel, die kirchliche Ueberlieferung und
die alten Beschlüsse; die sollen sie hören, und der Gott
des Friedens wird mit uns sein."
Anstatt daß hierdurch der beabsichtigte Zweck wäre
erreicht worden, entstand eine immer größere Uneinigkeit
unter den Protestanten selbst, und Philipp der Groß
müthige sah mit argem Verdruß, daß die Lehre vom
Abendmahl die Zwinglianer und Lutheraner immer weiter
trennen werde. Daher schrieb er in diesem Jahre an
Herzog Johann Friedrich den Mittleren zu Sachsen:
„Bitten wir Gott, daß die Wege möchten vorgenommen
werden, daß wir alle, die dieser evangelischen Religion
anhangen, zu einhelligem Verstände kommen mögen.
Welches wahrlich hoch vonnöthen sein wird; denn in