339
wachsen, daß cs bei einer oder zweien Theilung nicht
geblieben, sondern sich allerhand Sekten und Spaltungen
an manchen Orten hin und wieder ergeben, die ein jeder
mit seinem Kopfe bestreiten, vertheidigen und verfechten
will; dadurch Gott und sein heiliges Wort zum höchsten
verunehrt, das Band christlicher Liebe zerrissen, und
das gemeine arme unverständige Volk dermaßen in sei
nem Gewissen ängstlich und irre gemacht, daß gar oft
unter demselben Niemand wissen könne, was er glauben
und halten solle. — Das allerärgste aber folge aus dem
selben; nämlich, daß zu besorgen sei: es möchten viele
in diesem merklichen Irrsal aufwachsen und vielleicht von
hohen und niedern Personen bereits welche vorhanden
sein, die gar nichts glauben, sondern also in einem rohen
und gottlosen Leben ihre Zeit verzehren, daß sie weder
auf Ehre noch Gewissen gar keine Acht haben. Welches
dann insonderheit der aufgezogenen unschuldigen Jugend
halber zum höchsten gefährlich und schmerzlich. Und
wäre zum Erbarmen, wenn diese löbliche Nation, so vor
undenklichen Jahren den Preis christlicher Zucht und
Gottesfurcht vor vielen andern und daraus also dazumal
alles Glück und Heil gehabt, jetzt in eine solche viehische
Art gerathen sollte, daß es auch vor Zeiten bei den
Heiden sogar besser gewesen und noch heutiges Tages
bei den Türken und andern Ungläubigen nicht ärger
sein könnte." Als man sich darüber stritt, welche Punkte
zuerst vorgenommen werden sollten, und einige geistliche
Fürsten vorschlugen, man solle mit dem Landfrieden an
fangen, dann würde das andere daraus folgen; so schrie
ben der Kurfürst August von Sachsen, Kurfürst Joachim
und der alte Landgraf Philipp, wie auch die Söhne
Johann Friedrichs, welche nach Naumburg gekommen
waren, um die alte Erbeinigung der Häuser Sachsen,
22*