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tirens gehabt über die Kirche, über Rechtfertigung und
Pabst. Eine Unterredung über die Heiligen, wobei der
Landgraf leugnete, daß Patriarchen, Propheten oder
Apostel dieselben angerufen, und an der die Spanier
Anstoß nahmen, gab Veranlassung zum Verbot dieser
geistlichen Disputationen, worauf Philipp verlangte, daß
sie auch von dem Schmähen der Lutherischen, seiner Ver
wandten, Freunden und Gesellen abstünden und sich von
der bisher seit dem Interim besuchten Sonntagsmesse
entbinden ließ. Denn er habe das Interim im rechten
Verstände dahin angenommen, daß man die Messe re-
formire, dem Volke erkläre und dabei zum wenigsten
die Kirchendiener communiciren lasse, auch das Volk dazu
ermahne. Da dies nicht geschehe, habe er Gewissens-
scrupel, länger in die unreformirte Messe zu gehen. Er
sähe aus der Inquisition und anderer Verfolgung from
mer Christen, daß man alles wieder auf die alte Bahn
richten wolle, und danke Gott, daß er ihn aus dieser
Gefahr befreit. Er habe in der Sonntagsmesse nur das
gehört, was gut gewesen, Evangelium, Episteln und
Gebete, die nicht an die Heiligen gerichtet wären. Denn
äußere Ceremonien irrten ihn nicht. Jetzt sähe er die
Mißbräuche wieder. Auch verschwanden die anfangs in
Cassel eingeführten Choräle und Lichter wieder und das
Interim wurde nur verachtet. An den Secretair Simon
Bing schrieb er damals auch: „Wollet im Gedächtniß
behalten, wie alle Dinge im vergangenen Krieg zuge
gangen allenthalben, dieses Alles ist gut und nöthig,
um Sterbens und Lebens willen, in ein Buch zusammen
zu ziehen und zu gelegener Zeit, so ich todt oder noch
lebte, in Druck ausgehen zu lassen, um damit meinen
Glimpf, Ehre und Gewissen zu verantworten. Seinen
Sohn, L. Wilhelm, ermahnte er, im Fall seines Todes
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