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Kaiser, der keinen Vertrag mit dem Pabste geschlossen,
habe auch keine Hauptleute geworben, wenn er gleich
bei den gegenwärtigen Unruhen für die Sicherheit seines
Landes sorge; er suche Ruhe und Frieden, habe deshalb
den Reichstag angesetzt, und stütze sich auf die Bürg
schaft des allgemeinen Vertrauens, das man zu ihm
hegen müsse; wenngleich eine starke Begleitung, wie das
Beispiel von Augsburg zeige, nicht ungewöhnlich sei.
Gegen den mit so vieler Gelindigkeit gewarnten Erzbi
schof (von Köln) werde er sein kaiserliches Ansehen
brauchen." — Auch machte der Kaiser wirklich auf seiner
Reise zum Reichstage noch einen letzten und persönlichen
Versuch, den Landgrafen für eine Vermittlung und nach
giebigere Behandlung der Religionssache zu bestimmen.
Raves nämlich, der zur Beförderung dieser Sache auch
an Köln und Pfalz gesendet war, äußerte unterwegs in
einer Unterredung mit Graf Reinhard von Solms, der
mit dem Landgrafen in naher Verbindung stand, daß,
wenn Philipp auf der Reise des Kaisers mit demselben
persönlich zusammentreffen würde, er eine gütige Auf
nahme finden und sich von der friedliebenden Gesinnung
des Kaisers auf's neue überzeugen werde, und daß durch
eine solche Zusammenkunft beiderseitiger Verdacht und
Mißtrauen am glücklichsten werde gehoben werden können.
Zu Folge dieser Eröffnung schrieb der Landgraf an
Raves: „die Gerüchte, daß der Kaiser Anstalten zum
Kriege treffe, seien zwar vorhanden, er sei aber geneigt,
dem, was Raves gesagt und Granvella geschrieben habe,
mehr zu glauben und sei der persönlichen Zusammenkunft
nicht abgeneigt, an welcher er wünsche, daß noch einige
wenige andere Fürsten Theil nehmen möchten." — Der
Kaiser besuchte auf dem Wege auch die Gemahlin des
Pfalzgrafen Wolfgang zu Zweibrücken, die Tochter des