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ernennen wollte. Ans der Vermählungsfeier Siegmunds,
Erzherzogs von Oesterreich und Tyrol, 1483, wo Wil
helm zum erstenmal die ganze Pracht des geistvollsten
und lebenslustigsten Fürsten seines Zeitalters sah, erwarb
er sich dadurch Ruhm und Ehre. Denn als Kardinal
Naymund, der Legat des Pabstes, die Fürsten mit einer
lateinischen Rede begrüßte, trat der junge Landgraf zum
Erstaunen aller Anwesenden auf und verdeutschte sie.
Sein Erzieher umarmte ihn und die Stadt Ulm schenkte
ihm seinen ersten Harnisch und einen silbernen Trinktopf.
Wichtiger war noch das Wohlwollen Kaiser Marimilians
und die Aufmerksamkeit, womit Wilhelm der Morgen
röthe der Wissenschaften entgegensah, die sich damals in
allen Ländern und auch in Hessen zeigte, wenn er auch
den Lieblingswunsch seines Lebens, eine Hochschule, gleich
der zu Tübingen, anzulegen, nicht ausführen konnte.
Begreiflich ist es, daß einem so regen, thatkräftigen
Geiste das Dasein in engen Klostermauern nicht zusagen
konnte, obgleich die Mutter, Mechtildis von Würtem-
berg, durch einen hessischen Prediger zu Stuttgardt,
Namens Werner, Alles anwandte, ihm die Vortheile
und Würden des geistlichen Standes recht angenehm zu
schildern, der Erzbischof von Köln ihm die reiche Probstei
von Aachen zusicherte, und Mechtildis selbst zuletzt nach
Stuttgardt reiste, um ihren Sohn dem ehrwürdigen
Hermann, Kurfürsten von Köln und Bruder ihres ver
storbenen Gemahls, zuzuführen. Bald kam Wilhelm
zurück, wußte sich durch Uebereinkunft mit seinem Bru
der erst die Städte und Schlösser, Gudensberg, Nieden
stein, Melsungen, Lichtenau und Neichenbach nebst an
dern Gerechtigkeiten und dann eine gleiche Erbtheilung
zu verschaffen, wo er sich in Spangenberg eine zweite
Hauptstadt errichtete und noch die Städte und Schlösser an
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