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Frankenstein, den 10.3. 1933
Mein geliebtes Hannsilein!
Nachdem Mutti 3-4 Briefe von mir bekommen hat, bist nun
Du wieder an der Reihe. Ich danke Dir vielmals für Deine lie
ben letzten Sonntagsbriefe, die mich immer sehr erfreuen.Mit
den Oberstbildern ist es jetzt eine schlimme Sache, weil die
meisten ja garnicht in das Album passen. Ich weiß aber jetzt
einen guten Rat. Sammele nur alle, die ich Dir schicke, und
wenn wir dann zusammen sind, so wollen wir die Bilder, die ins
Album nicht passen, an die Fabrik einschicken, dort tauschen
sie die Bilder um. Also sammle nur auf alle Fälle alle Bilder.
Heut Abend geht es Deinem Väti sehr schlecht. Über 2 Stun
den hat mich der Zahnarzt behandelt. 3 Einspritzungen gemacht,
es tat teilweise sehr weh, so daß ich jetzt völlig erschöpft
bin und nur schnell dies Sonntagsgrüßchen an Dich schreiben will.
Nun sind es ja nur noch 3 Wochen bis zu meiner Abfahrt.In dieser
Zeit habe ich noch sehr viel zu tun. Also wenn die Briefe jetzt
etwas kürzer sind, so weißt Du und Mutti Bescheid.
Ich freue mich ja schon ganz mächtig auf unser Wiedersehen.
Da wollen wir manch schönen Spaziergang zusammen machen. Das
Bild von dem verstorbenen Hofprediger Vogel gib bitte der Mutti.
Auch mich hat diese Nachricht sehr getroffen. Günther hat sein
Examen gut bestanden, das freut uns alle sehr.
Diesen Sonntag bin ich um 1/2 4 Uhr zum Kaffee zu Pastor
Thimm in Kamenz eingeladen, nächsten Sonntag in Conradswaldau.
Dort ist eine Deiner beiden Cousinen am Fuß geschnitten worden
vom Doktor, mehr weiß ich auch noch nicht davon.
Nun mein Herzchen bleib nur recht gesund und sei recht folg
sam, besonders auch zur lieben Omi. Grüße bitte Mutti und Omi
vielmals und schreibe bald mal wieder an Deinen lieben Vati.
Aber bitte lies Dir die Briefe immer noch mal ganz aufmerksam
durch, es sind noch viele Fehler drin.