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zu werden, das ist mein einziger Trost. Hier ist jetzt nicht
viel los. Wir fliegen nicht viel Einsätze nach England; ich
habe erst einen Flug gemacht. Es war ja ganz hochinteressant,
so übers Wasser zu fliegen, doch so etwas komisch wird einem
doch dabei, wenn man kein Land mehr unter sich sieht.
Ich hoffe, daß der große Angriff nun bald stattfinden wird.
Es weiß dies natürlich niemand, aber lange kann es ja nicht
mehr dauern. Dann habe ich allerdings nicht mehr so viel Zeit
zum Schreiben wie jetzt. Denk mal an, wir haben sogar vorige
Woche eine Besichtigungsreise nach Paris gemacht. Sehr schön,
aber doch bin ich etwas enttäuscht; man glaubt, Paris wäre noch
großartiger. Ich habe es nun einmal gesehen, und das genügt mir
voll und ganz.
Wenn ich mich recht entsinne, wirst Du Ende des Monats heim
kehren - die Zeit vergeht ja auch sehr schnell. Ist Onkel Klaus
immer noch da unten in Biarritz? Was macht er jetzt dort noch
als Berichterstatter? Hier ist doch alles vorbei. Oder hat er
sich auch ein Schnellboot gemietet und übt schon für das große
Übersetzen nach England? Es müßte doch eigentlich bald kommen.
Ich lege Dir wieder 2 Karten von Orleans bei. Du hebst sie
bitte gut auf. Durch Orleans kommen jetzt täglich die großen
Flüchtlingskolonnen; unbeschreiblich das Elend. Und wie viele
stehen, wenn sie endlich die lange Strecke hinter sich haben,
zu Haus nur vor einem Schutthaufen! Wir können nicht dankbar
genug sein, daß dieses Elend unseren Landsleuten erspart ge
blieben ist.
Nun mein Herzensjunge bin ich müde und will schnell Schluß
machen. Ich wollte Dir recht herzliche Grüße des Gedenkens schik-
ken. Hoffentlich bist Du ganz gesund und frisch. Ich glaube,Du
freust Dich auch schon wieder auf geordnete Verhältnisse zu Hau
se! Wann kehrst Du heim?
Viele liebe Grüße an Tante 111i
stets Dein getreuer Vater.