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In Bezug auf solche Anordnungen sei noch verwiesen auf M. Bet-
tinus, Aviaria, Bologna 1042.
Anschliessend an die Beschreibung des Instrumentes der Benû
Mûsà soll diejenige von vier von al Gazari construierten fortdauernden
Flöten mitgeteilt werden.
Um das Verständnis der Beschreibung zu erleichtern soll zu-
nächst eine kurze Uebersicht über dieselbe gegeben werden 1.
Das von den Benû Mûsà beschriebene Instrument ist im wesent-
lichen eine Flöte (surnâj) ² (nicht eine Orgel), deren Öffnungen nicht
mit den Fingern, sondern mit Hebeln mechanisch geöffnet und ge-
schlossen werden, und der ein konstanter kräftiger Luftstrom zuge-
führt wird.
Zunächt wird das Gebläse ³ beschrieben, das aus zwei grossen
vollkommen geschlossenen Kästen besteht, in deren Deckel je ein
Zuflussrohr für Wasser und ein Austrittsrohr für die Luft mit einem
Ventil eitigesetzt ist; die letzteren vereinen sich dann zu einem einzigen.
Am Boden der Kästen befindet sich je ein Ventil zum Auslassen des
Wassers. Die beiden Kasten wirken abwechselnd. Der Zufluss wie
der Abfluss des Wassers wird durch äusserst sinnreiche Vorrichtungen
geregelt. Beim Zufluss geschieht dies durch eine horizontale rotierende
1 Zu den verkommenden technischen Ausdrücken wie Ventil [Bâb), Halm
(Batjûn) u. s. w. vgl, E. W. Beiträge VI, und Baron Carra de Vaux (Notices et
extraits, Bd. 38, 1893, S. 27.
² Die verschiedenen Flötenarten, Surnâj u. s. w. sind sehr ausführlich von
al Fârâbl in seinem Werk über Musik behandelt; aus dem sich bekanntlich grosse
Auszüge in der Ausgabe von « Alii Ispahaneusis Liber Cantilenarum magnus " durch
J. G. L. Kosegarten (Greifswald 1840) finden. Leider entsprechen die mitgeteilten
Abbildungen nicht genau den Figuren der Leydner-Handschrift, sondern sind,
wie mir ein Vergleich mit der Kopie einer solchen von Herrn D. Juynhell zeigte,
wesentlich idealisiert.
³ In den von Heron u. s. w, angegebenen Gebläsen für Orgeln vgl. z. Bsp.
Degering, Die Orgel u. s. w., Münster 1905. Kircher behandelt in seiner Mu-
surgia (Rom 1650, Bd. II, S. 308 u. folgde) die musikalischen Automaten oder
autophouen Instrumente. Besonders eingehend wird der Aufbau der Vorrichtungen
für einen fortdauernden Luftstrom beschrieben, der aber nicht durch Anordnungen,
wie sie die Benû Mûsà beschrieben, bewirkt wird, sondern einmal durch Wasser,
das in einen geschlossenen Behälter einströmt (wie immer neue Luft mitgerisseu
wird, ist nur in einem Fall ersichtlich), oder durch Combination mehrerer Blas-
bälge, von denen sich die einen erweitern, wenn die anderen zusammeugedrückt
werden. Stiftwalzen öffnen und schliessen die Oeffnungen von Pfeifen an Orgeln.