Full text: 60 Jahre Melsunger medizinische Mitteilungen

selbstverständlich sehr schnell. Die Zufuhr aus dem feindlichen 
Auslande hörte gänzlich auf, und man war zunächst nur auf den 
Anfall der Inlandsdärme angewiesen. Schon damals hatte man es 
sich angelegen sein lassen, den Kuhn sehen Gedanken der Darm 
reinigung auch weiter zu nehmen und auf den gewöhnlichen Darm 
des Handels auszudehnen. 
Es dürfte den meisten Aerzten und Apothekern nicht bekannt 
sein, dass der Darm einen sehr wichtigen Handelsartikel abgibt. 
Nicht nur der Darm vom Rind und Pferd wird der Technik zuge 
führt, sondern auch der Hammeldarm besitzt eine grosse wirtschaft 
liche Bedeutung. Erwähnt sei nur, dass der Schweine- und Rinder 
darm zur Wurstfabrikation verwendet wurde. Der Dünndarm des 
Hammels diente zur Herstellung der bekannten Frankfurter und 
Halberstädter Würstchen und ähnlicher Wurstarten. Vom Rinder 
darm werden die Goldschlägerhäutchen gewonnen, welche bei der 
Herstellung von Schaumgold und Schaumsilber ausgedehnte Ver 
wendung finden und in der Ballonindustrie während des Krieges 
von ganz hervorragender Bedeutung waren. Weiter sei darauf auf 
merksam gemacht, dass alle anderen Sorten Därme zur Herstellung 
von technischen Schnüren und Treibriemen verwendet werden. 
Zunächst muss man sich doch sagen, dass eine Anstalt, in 
welcher derartige technische Erzeugnisse hergestellt werden, wohl 
nicht der richtige Ort ist, um gerade chirurgische d. h. keim- und 
schmutzfrei, also aseptische Präparate zu gewinnen. Hierzu sei aber 
ausdrücklich bemerkt, dass die Herstellung von Katgut unbedingt 
mit der Herstellung von Musiksaiten Hand in Hand gehen muss. 
Würde eine Anstalt sich nur mit der Herstellung von Katgut 
abgeben und auf die Weiterverarbeitung des für Katgut untauglichen 
Materials verzichten, so wäre der Preis des Steril-Katgut-Kuhn schon 
während des Friedens um das zwei- oder dreifache höher gewesen. 
Bei der Herstellung von Kuhnschem Katgut ist diese Frage in der 
Weise gelöst worden, dass die Herstellung von Saiten und Katgut 
sowie die Keimfreimachung der fertigen Nähfäden von drei, räumlich 
von einander getrennten Stellen und von anderen Arbeitskräften 
ausgeführt wird. Die Arbeitsräume für Katgut sind mit abwasch 
baren Wänden (weissen Kacheln) versehen, Arbeiter und Arbeiterinnen 
gehen in weissen Mänteln, bedeckten Kopfhaaren einher und die 
meisten Arbeiten werden handfrei, nur mit der Pinzette ausgeführt. 
Die Grundregeln der Asepsis sind bei der Sterilisation des Katgut- 
Kuhn vollständig durchgeführt. Dazu die ständige Kontrolle der 
Arbeiten durch einen Arzt und die Prüfung des Darmes und der 
halbfertigen und fertigen Fäden im chemisch - bakteriologischen 
Laboratorium.
	        
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